Gefälschte Nahrungsmittel
10. Juli 2009 um 20:50 Uhr von Atari-Frosch
Heute gibt es im Spiegel ein Interview mit Vincent Klink über gefälschte oder minderwertige Lebensmittel. An sich sehr lesenswert und richtig, bis auf eine Kleinigkeit, die mir sauer aufstößt: Klink weicht der Frage, wie das mit Leuten ist, die sich gute teure Lebensmittel nicht leisten können, mit der sinngemäßen Bemerkung aus, die sollten sich halt stattdessen keinen zweiten Fernseher kaufen, weil gute Lebensmittel einfach das Wichtigste seien.
Dabei übersieht er aber (sofern er sowas überhaupt sehen will, denn zu seinen Kunden zählen Sozialhilfeempfänger wohl eher nicht), daß der Sozialhilfesatz nicht auf gute, sondern gerade auf die billigsten Lebensmittel ausgerichtet ist, und die sind eben nicht von höchster Qualität. Ich würde sehr gern auf Wochenmärkten oder in echten Bioläden einkaufen, aber dann wäre ich nach der erste Woche des Monats pleite. Ich hätte dann also eine Woche oder vielleicht sogar 10 Tage lang gutes Essen und müßte den Rest des Monats hungern. So war das aber, glaube ich, mit dem gesunden Essen auch nicht gedacht.
Außerdem meint er, die Politik sei nicht schuld, daß so schlechte Lebensmittel produziert würden, sondern es seien Lobbyisten. Dem kann ich mich nur begrenzt anschließen. Politiker haben eigentlich die Pflicht, sich über ein Thema zu informieren, und das eben nicht nur von einer Seite. Daß sie das nicht tun, manchmal sogar wissentlich nicht tun (nach dem Motto, kommen Sie mir nicht mit Fakten, ich habe meine Meinung!), haben wir ja gerade beim durchgewunkenen Zensursula-Gesetz gemerkt. Dazu braucht es keine besondere Lobby, es genügen eine grundsätzlich asoziale und/oder grundgesetzwidrige Einstellung und eine ordentliche Portion Sturheit, garniert mit viel Ignoranz.
Das ist der Punkt: Bundestagsabgeordnete und Regierungsmitglieder können sich überhaupt nicht vorstellen, wie man (dauerhaft) von Sozialhilfe lebt, und wollen das auch gar nicht wissen (OK, vielleicht, weil es dafür keine Lobbyisten gibt?). Deshalb wird der Satz nicht gemäß § 1 SGB I gestaltet, sondern aufgrund eines Billig-Billig-Warenkorbes. Aufgrund ihrer neoliberalen Grundeinstellung liegt es überhaupt nicht in ihrem Interesse, daß Menschen, die von Sozialhilfe leben müssen, sich gesund ernähren. Wer Sozialhilfe bezieht, braucht weder gesund zu sein noch lange zu leben, und wer früher stirbt, liegt „dem Steuerzahler” nicht „auf der Tasche”.
Doch, Herr Klink, das ist politisch gewollt. Wer schon nicht arbeitet (warum auch immer), der kann auch ruhig Dreck fressen, wenn er es schon wagt, überhaupt existieren zu wollen.
10. Juli 2009 at 21:13
Muss ich dir glaub zustimmen, auch wenn ich mich mit Sozialhilfe nicht auskenne, denn die 4,34€ (130,25€ / 30 Tage) die euch pro Tag zur Verfügung stehen klingen einfach nur brutal wenig.
Ich habe kürzlich im Aldi für den Urlaub 3l Sprudel für 69cent gekauft. Wenn man nach den Ärzten geht, soll mann ja 2l pro Tag trinken. Das sind also schon einmal 46cent für das einfachste Getränk (mal abgesehen von Leitungswasser). Und besonders hochwertig schmeckt der Billigsprudel nicht, lässt sich aber gut transportieren (dank 6-Pack-Plastik). Flaschensprudel schmeckt allgemein besser, wird aber auch teurer als 23cent pro Liter sein, oder?
Und dann soll man noch für weniger als 4€ drei Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen? Bei uns am der Schule kostet das Mittagessen 3€ und das ist ein fairer Preis, denke ich. Blieben noch 1€ für Frühstück und Abendessen, allerdings kann es sein, dass Mittagessen zu Hause billiger ist. Trotzdem merke ich, dass es sogar noch viel knapper ist als gedacht.