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Staatlicher Ankauf von illegalen Daten

31. Januar 2010 um 17:46 Uhr von Atari-Frosch

Die Parteien im Bundestag streiten derzeit darüber, ob sie für 2,5 Millionen Euro Daten von angeblichen Steuersündern aufkaufen sollen. Man rechnet sich nach entsprechenden Ermittlungen Steuernachzahlungen von 100 Mio. Euro aus.

Nun kann man CDU und FDP natürlich Klientelpolitik unterstellen und liegt damit sicherlich nicht falsch. Allerdings muß ich erstaunlicherweise Karl-Theodor von Guttenberg zustimmen:

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte in Davos der „Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag”, er habe „ein Problem damit, wenn man für etwas, das auf rechtlich fragwürdigem Wege in jemandes Besitz gelangt ist, Geld ausgibt”.

Abgesehen davon, daß Guttenbergs Kollege Schäuble die Verwendung erfolterter (also auch „rechtlich fragwürdig erlangter”) Geständnisse für problemlos hält: Das Problem habe ich auch. Denn dann ist ein Anreiz da, weiterhin illegal Daten zu beschaffen, für deren Beschaffung die deutschen Ermittlungsbehörden anscheinend die Werkzeuge fehlen. Oder bei denen diese wiederum Angst haben, die „falschen”, sprich, zu einflußreiche Leute zu „erwischen”.

Ich meine, das ist doch cool, oder? Ich beschaffe irgendwie die Daten von ein paar hundert Steuersündern, kassiere 2,5 Millionen Euro und habe für den Rest meines Lebens ausgesorgt. Das hat doch was.

Daß die SPD dafür ist, wundert mich gar nicht mehr, weil mich bei der SPD schon generell nichts mehr wundert. Enttäuscht bin ich von den Grünen, für die Renate Künast (und die war mal Verbraucherschützerin?) erklärte,

wer Krokodilstränen darüber vergieße, dass der Staat sich mit Kriminellen auf einen Handel einlasse, dem gehe es in Wahrheit nur darum, Rücksicht auf seine Wählerklientel zu nehmen. „Sie muss man daran erinnern, dass im Strafrecht bereits eine Art von Geschäft mit Straftätern vorgesehen ist: die Kronzeugenregelung.”

Also findet die Fraktionsvorsitzende der Grünen solche Daten-Deals mit Kriminellen in Ordnung. Von einer Kronzeugenregelung ist hier überhaupt nicht die Rede. Ein Kronzeuge bekommt eine geringere bis gar keine Strafe, wenn er, obwohl er Mittäter ist, andere schwer belastet, aber man wirft ihm nicht ein paar Millionen Euro hinterher.

Ich wäre ja dafür, die 2,5 Millionen Euro direkt in die Steuerfahndung zu stecken. Aber dort kickt man ja lieber die guten Leute mit gekauften Psychiatern aus dem Dienst. Die könnten nämlich sonst genau die Steuersünder finden, deren Daten man gerade aus illegaler Quelle einkaufen will.

[Update 2010-02-01] Na gut. Ich tu den deutschen Steuerfahndern hier wohl Unrecht, und das Problem ist die Schweiz. Da fühle ich mich doch wieder an Zensursula erinnert: Weil wir die großen, schwierigen, politischen Lösungen scheuen oder die uns einfach viel zu lange dauern, bevorzugen wir die kleinen, einfachen Lösungen an den Gesetzen vorbei. Das heißt: Die Bundesregierung soll lieber mit der Schweiz verhandeln, statt illegale Daten von Dritten kaufen. So nebenbei: Was ist, wenn nur ein Datensatz gefälscht ist ...? [/Update]


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4 Kommentare zu “Staatlicher Ankauf von illegalen Daten”

  1. Dunkelangst quakte:

    Ich sehe darin auch ein Problem, wenn der Staat Datensätze mit illegaler Herkunft erwerben würde. Das meine ich generell und nicht nur bezogen auf diesen einen Fall. Die Behörden haben in meinen Augen eine Vorbildsfunktion gegenüber den Bürgern.


  2. 5zjunge quakte:

    Wenn ein Datensatz gefälscht ist, dann bekommt ein mutmaßlich ehrlicher Steuerzahler morgens um sechs ungebetenen Besuch. Die CD allein wird kaum als Beweis dienen können, dazu ist die Quelle zu dubios und Art und Weise des Erwerbs macht es nicht besser. Beweise findet man bei der Ermittlung oder halt nicht.

    Ich glaube die wirkliche Gefahr liegt in dem Dammbruch Verbrecher für Verbrechen zu belohnen. 2,5 Mio, dafür lohnt sich auch Raub oder Mord.


  3. Dunkelangst quakte:

    2,5 Mio, dafür lohnt sich auch Raub oder Mord.

    Wenn ich bedenke, dass manche Jugendliche eine Oma für 10 € töten, dann hast du mit dieser Aussage leider Recht… 🙁


  4. Korrektor quakte:

    Dunkelangst: Jugendliche? Menschen jeden Alters tun das und zwar schon lange bevor es den Euro gab. Übrigens gelten Menschenrechte nicht nur für Omas und Defa-Kinder.

    Es ist wirklich schade, dass wir den schönen StGB 130 haben, aber dieser nicht konsequent angewandt wird. Dann würden sehr viele dumme Menschen – nicht nur Politiker – ihren geistigen Sondermüll für sich behalten.

    Um es deutlich zu sagen: Du widerst mich an. Ob da nun abgrundtiefer Hass auf die Menschheit an sich dahintersteckt oder nur ungebildete Gedankenlosigkeit, ist mir herzlich gleichgültig.


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