Niemand ist zuständig, keiner ist schuld
26. Juni 2012 um 14:46 Uhr von Atari-Frosch
Ich hatte ja kürzlich schon in einem Nebensatz erwähnt, daß mir das Zurückhalten der Mai-Miete wegen des Durcheinanders bei meiner Hausverwaltung noch ein ganz anderes Problem beschert hat. In diesem kommt es jetzt zu dem wunderschönen deutschen Behörden-Phänomen „niemand ist zuständig, keiner ist schuld“. Wie das alles abgelaufen ist, bekomme ich jetzt erst so nach und nach heraus, denn mit der Kommunikation klappt das natürlich auch nirgends so richtig.
Also: Als ich in Hirschberg an der Bergstraße gewohnt hatte, hatte ich dort noch mein Schreibbüro angemeldet. Zuständig war das Finanzamt Weinheim. Anfang Oktober 2000 flüchtete ich mehr oder weniger nach Düsseldorf (nein, nicht vorm Finanzamt …) und durfte mich dort erst einmal mit Problemen wie Wohnungs- und Arbeitssuche sowie zwei Repressionsbehörden herumschlagen. Irgendwann 2002, als ich also schon krank war, stellte das FA Weinheim fest, daß ich im Jahr 2000 ja auch noch hätte Steuern zahlen sollen. Da ich keine Steuererklärung gemacht hatte (wann und wie auch, mir fehlten ja so nebenbei teilweise die Unterlagen und ich hatte echt andere Sorgen), schätzte man meine Steuerschuld großzügig (zugunsten des Amtes) auf einen Wert, den ich im Jahr 2000 bzw. in den Monaten von Januar bis September 2000 nie erzeugt haben kann. Ob sie das bei Milliardären auch so machen?
Jedenfalls wurde ich seitdem regelmäßig von diesem Finanzamt belästigt. Manchmal hatte ich die Post gar nicht mehr aufgemacht, weil ich nicht dazu in der Lage gewesen war. Eine Zeit lang kam dann jetzt gar nichts mehr. Im Januar dieses Jahres wollen sie mich nun nochmal angeschrieben haben. Möglich, daß dieses Schreiben bei mir unterging. (Boshafte Menschen werden jetzt sofort das SELBER SCHULD! rausschreien. Nein, bin ich nicht. Das passiert manchmal bei psychisch kranken Menschen, denen jegliche Hilfe verwehrt oder an die Aufgabe von Grund- und Persönlichkeitsrechten gekoppelt wird.) Da keine Antwort von mir kam, leierte man am 10. Januar eine Kontopfändung an. Damals bekam das Finanzamt Weinheim von der Stadtsparkasse — korrekterweise! – die Antwort, daß nichts zu holen und das Konto ein P-Konto sei.
Im April war in dieser Sache dann ein Gerichtsvollzieher hier, stellte fest, daß es nichts zu holen gab, guckte sich den aktuellen ALG-II-Bescheid an, schrieb sein Protokoll und verschwand wieder. Damit sollte das Thema für mich eigentlich erstmal wieder erledigt gewesen sein. Also … theoretisch.
Ein halbes Jahr nach dem Kontopfändungsversuch vom Januar, von dem ich bis dahin nichts gewußt hatte, am 15. Juni, stellte ich online fest, daß von meinem Konto bei der Stadtsparkasse Düsseldorf drei Tage zuvor 88,54 € weggepfändet worden waren. – Ähm, Moment? Gepfändet? Von einem P-Konto? – Da ich gerade in Mannheim war, hatte ich keine passenden Telefonnummern parat (Sparkasse Kundendienst, Gerichtsvollzieher). Die lagen zu Hause, auf Papier.
Zurück in Düsseldorf druckte ich mir den Kontoverlauf aus, ging zur Sparkasse und hielt das der Angestellten unter die Nase. Ich wollte wissen, wie sie mir erklären will, daß von einem Pfändungsschutzkonto Sozialleistungen weggepfändet wurden. Nach einer Rücksprache mit ihrer Pfändungsabteilung legte sie mir eine Tabelle vor: Seit Einrichtung des P-Kontos wurde auf den Cent genau Buch darüber geführt, wieviel Geld ich vom Vormonat in den nächsten übernommen habe. Natürlich lasse ich das Konto nie auf Null runtergehen, wenn sich das vermeiden läßt. Durch das Zurückhalten der Mai-Miete plus einen übriggebliebenen Betrag vom April war ich über den Schutzbetrag gekommen. Und die Stadtsparkasse meinte, das sei jetzt eine tolle Gelegenheit, die fehlgeschlagene Pfändung vom Januar jetzt mal eben noch nachzuholen.
Beim Finanzamt Weinheim wiederum ist man der Meinung – und dem stimme ich zu –, mit dem Besuch des Gerichtsvollziehers sei ja erstmal alles erledigt. Die Sachbearbeiterin schien nahezu überrascht zu sein von dem Geldeingang. So lange sollte die Pfändung nicht liegenbleiben, um dann irgendwann, wenn sich zufällig was ergibt, was wegholen zu können. Wenn eine Pfändung gescheitert ist, dann ist sie gescheitert, und fertig!
Nachdem ich jetzt nochmal ganz genau auf den Kontoauszug geguckt habe: Die Pfändung ist tatsächlich vom 10. Januar, ausgeführt am 12. Juni. Sorry Leutz, so geht das nicht.
Die Sachbearbeiterin beim Finanzamt Weinheim will mir jetzt als nächstes die nötigen Unterlagen zuschicken (also das, was mir die Sparkasse nach der Pfändung hätte schicken müssen und nicht geschickt hat), und danach werde ich dort nochmal Krach schlagen. Aber denen fällt dann sicher auch wieder ein Grund dafür ein, warum sie nicht zuständig sind. Denn schon beim ersten Besuch hieß es, man könne den Pfändungsbetrag unter keinen Umständen zurückholen.
Ich bin mal gespannt, wieviele Wochen oder Monate es dauert, bis ich das Geld zurückhabe. Falls ich es überhaupt zurückbekomme.
Und dann muß ich mir wohl wirklich bald mal eine andere Bank suchen, schließlich war das nicht der erste Hammer, den sich die Stadtsparkasse Düsseldorf erlaubt hat.
Ich hab ja sonst keine Probleme … :-/
27. Juni 2012 at 12:09
Das mit dem „Krach schlagen“ habe ich in dieser oder anderer Form schon öfters von dir gelesen. Findest du wirklich, dass das zielführend ist?
Oft kann man mit geduldiger Freundlichkeit wesentlich mehr erreichen. Und das meine ich durchaus ernst.
28. Juni 2012 at 13:19
@Konni Geduldige Freundlichkeit brachte mir — auch bei der Sparkasse — erfahrungsgemäß freundliches Abgewimmeltwerden. Mir fehlen grade knapp 90 Euro. Und geduldige Freundlichkeit kann bedeuten, daß Fristen versäumt werden und ich das Geld nie wiedersehe.
Wo ich diese Erfahrung noch nicht gemacht habe, kann ich durchaus freundlich und geduldig sein. Aber alles hat seine Grenzen. In manchen Institutionen und vor allem aus einer schlechten Position heraus hilft dann nur noch, auf den Tisch zu hauen, sonst wird man einfach „freundlich” ignoriert und kann selbst sehen, wie man klarkommt.
7. Juli 2012 at 9:42
Naja, das ist jan Teufelskreis.
Glaubst du das wirklich? Es sind nicht alle Meschen böse. Ich hab auch das Gefühl, dass du selber schon so in dem „Es wollen mir alle nur böses“ dass es zu einer selbsterfüllenden Offenbarung wird. Warum? Weil, wenn du unfreundlich auf die Leute zugehst, die natürlich auch nicht mehr wohlgesinnt sind.
Ich bin sicher, dass es Ungerechtigkeiten gibt, aber sei mal ehrlich: waren die je so unfreundlich zu dir wie du zu ihnen?
(Ich denke grad an deinen Termin mit der Selbstständigkeit und dem Beratungsgespräch.)
Du Forderst (zum Teil sicher auch zurecht) Dinge ein vom Amt. Jedoch gibt es eben stets zwei Arten das zu tun. Die eine führt kurzfristig dazu, dass sie irgendwas machen. Die andere führt langfristig dazu, dass die ihren Job ein wenig lieber machen.
Versuch doch einfach mal etwas freundlicher zu denken. Es mag schwarze SChaafe geben, aber es gibt immer auch nette, hilfbereite Menschen und die machst du mit deinen Aussagen „kaputt“.