Ein ehrgeiziger Plan
10. Oktober 2012 um 15:31 Uhr von Atari-Frosch
Letzten Monat stand ich in der Holzwerkstatt der Kooperative Niemandsland und baute mir unter Mithilfe des dortigen Werkstattmeisters ein Bettgestell. Das war nötig geworden, nachdem mir im August das alte Bettgestell gekracht war. Ein Bett zu bauen ist jetzt nicht unbedingt so die Tätigkeit, die man von einem IT-Menschen erwartet, und ich sah das auch deutlich mehr als Notwendigkeit denn als Hobby. Und doch habe ich, darauf aufbauend, eine Idee, die mir seit ein paar Tagen durch den Kopf geht und mir keine Ruhe läßt.
Das Problem ist nämlich: Ich habe zwar eine relativ große Wohnung, aber trotzdem wenig bis gar keinen Platz mehr, weil ich viel zu wenig Möbel habe und diese teilweise auch noch an der falschen Stelle stehen.
Der größte Brocken davon ist ein Kleiderschrank, der nach einer Umorganisation im falschen Zimmer steht und dieses nicht mehr intakt verlassen kann. Das Ding hat einfach schon zu viele Umzüge hinter sich und wurde schon zusammengenagelt, damit er es nochmal tut. Solange er stehenbleibt, ist alles in Butter. Aber wenn ich ihn nochmal zerlege, brauche ich nicht mehr dran zu denken, ihn nochmal funktionsfähig aufzubauen. Und ohne ihn zu zerlegen, paßt er nicht durch die Tür.
Im Schlafzimmer habe ich einen zweiten Kleiderschrank, den ich vor ein paar Jahren geschenkt bekommen habe. Der hat jedoch den großen Nachteil, daß er nicht annähernd die Kapazitäten des ersten hat. Das sah zwar auf den Fotos, die ich vorab bekam, so aus, aber schon beim Aufbau wurde klar: Dat wird nix.
In der Küche steht ein massives, stabiles, tiefes, aber offenes Regal, das für PC-Gehäuse und Monitore geeignet wäre (derzeit liegt allerlei Krams drauf, den ich doch nie benutze und der größtenteils weg kann). Aus dem würde ich gern einen geschlossenen Schrank machen, weil's hier, nicht weit von der berühmt-berüchtigten Corneliusstraße, einfach tierisch staubt.
Des weiteren fehlen mir Schränke mit Türen für die ganze Hardware, die hier so rumsteht, es fehlen Bücherregale, ein Medien-Regalschrank für Vinyl, DVDs und Musik-CDs, es fehlt ein Nachtschrank, und mein Haupt-Arbeitstisch hat zwar eine gute Platte, aber schlechte Beine, der wackelt nämlich.
Klar, ich könnte jetzt auch einfach zu Ikea oder so laufen und mir passendes Zeug kaufen, vorausgesetzt, ich kann das Geld zusammensparen. Aber das wären dann natürlich wieder Möbel, die einen, maximal zwei Umzüge überstehen und dann beim Sperrmüll landen, weil sie zusammenfallen. Mindestens einmal in meinem Leben werde ich wohl nochmal umziehen, denn ich glaube kaum, daß ich mit 60 noch im 5. Stock ohne Aufzug wohnen möchte. Außerdem haben Möbel aus Preßspan-Platten immer wieder Stabilitätsprobleme, gerade wenn man schwerere Gegenstände drin aufbewahren möchte.
Oder ich könnte was Gebrauchtes erstehen; massive gebrauchte Möbel haben aber oft den Nachteil, nicht gescheit zerlegbar zu sein. Und fünf Stockwerke sind halt schon ein Wort, zumal ich für einen ganzen Schrank ein größeres Transport-Fahrzeug beschaffen bzw. mieten muß als für einen zerlegten. Außerdem haben solche Möbel den Nachteil, daß ich nehmen muß, was da ist, und sie dann nicht unbedingt meinen Anforderungen entsprechen.
Aber unabhängig davon, ob ich bei einem Möbelhaus oder gebraucht kaufe oder mit Holz selbst baue, hat die Sache noch einen Haken: Es kostet Geld. Geld, das ich als Zwangsverarmte nicht besitze.
Deshalb habe ich mir etwas ziemlich Ehrgeiziges (oder: total Verrücktes?) ausgedacht:
- Ich entwerfe die Möbel, die ich haben möchte, und fertige zumindest grobe Zeichnungen davon an. So ein paar Grundentwürfe habe ich schon im Kopf.
- Aus den Zeichnungen ermittle ich, welche Holzbretter und welche sonstigen Teile (Schrauben, Scharniere etc.) ich dafür benötige. Für das Holz hole ich mir ein Angebot von dem Händler ein, bei dem ich schon das Holz für das Bett gekauft hatte; es war der einzige von mehreren angeschriebenen, die mir ein vernünftiges Angebot über alle benötigten Bretter machen konnte. Da das Holz den Löwenanteil an den Kosten hat, kann ich dann etwa abschätzen, wieviel Geld ich benötige.
- Ich stelle das Projekt auf einer Crowdfunding-Plattform (Betterplace? Andere Vorschläge?) vor und veröffentliche dabei auch schon die Zeichnungen. Der Deal: Die Community finanziert mir das Material, und ich schreibe hinterher genaue Anleitungen, wie man die Möbel baut, mitsamt einer Menge Fotos vom Arbeitsprozeß.
- Sobald genug Geld zusammen ist, kaufe ich Holz und Material, baue die Schränke und schreibe die Anleitungen dazu.
- Was an Spenden übrig bleibt, geht vollständig in die Spendenkasse in der Niemandsland-Holzwerkstatt.
Mir kommt dabei nur der Gedanke, ob es vielleicht zu vermessen von mir ist, „das Netz“ um Spenden zu bitten … meine erste grobe Schätzung anhand der Kosten für das Bett geht immerhin in Richtung 800 bis 1000 € für alles (Holz, Zusatzmaterial wie Schrauben usw., Transporte und „Luft“ für die Spende ans Niemandsland).
Für mich wäre es damit natürlich noch nicht getan. Die alten Schränke müssen abgeschlagen werden. Von dem im Schlafzimmer würde ich dabei den Mittelteil mit Spiegeltüren und Schubladen behalten, denn der ist ganz gut brauchbar. Nur die schmalen Seitenteile mit nur minimalem Platz, um was aufzuhängen, sind nicht hilfreich. Vom ersten Schrank würde ich die Einlegeböden und die Kleiderstangen behalten und im neuen, zweiteiligen Schrank wieder verbauen – in der Hoffnung, daß ich die Breite des Innenraums exakt wieder so hinkriege.
Weiterhin muß Sperrmüll angemeldet und das Abfallholz sowie einiges andere, was hier schon seit Jahren sinnlos rumsteht, die fünf Stockwerke runtergeschleppt werden. Eine Ladung Kartons, die ich wohl doch nie mehr brauchen werde, muß zerlegt und nach und nach zum Altpapier-Container gebracht werden. Und wenn die Schränke gebaut sind, muß ich – unter Umständen mehrfach – einen Transporter mit Fahrer finden, mit dem sie in zerlegtem Zustand zu mir nach Hause gebracht werden können.
Grobe Zeitplanung: Mit allem drum und dran und unter Berücksichtigung, daß ich gesundheitlich immer mal wieder ausfallen kann: Ein halbes Jahr.
Was meint Ihr, ist das zu verrückt?
10. Oktober 2012 at 16:30
my2c
1. suchmaschine fragen: „Möbel aus Sperrmüll“ oder „Regalmodule aus Sperrmüll“ oder „Recyclingmöbel“ o.ä.
2. Modulmöbel können stück für stück gearbeitet werden und langsam zu einem „großen ganzen“ wachsen.
3. modulbauart = kleine einzelteile = 5.stock kompatibel 🙂
4. sperrmüll heißt: kein pressspan aber 50er / 60er / 70er verbundholzplatten. die sind stabiler – auch gegen durchbiegen.
10. Oktober 2012 at 21:31
Du bist irre und völlig durchgeballert, aber deshalb lese ich gerne deine Beiträge und dieser hier gefällt mir auch wieder gut. Ich würde dir sicher auch was beisteuern. Hau in die Tasten 😎
11. Oktober 2012 at 18:44
So ein einfaches schlichtes Bett hab ich ewig (erfolglos) gesucht. Toll, das Du sowas selbst gebaut hast. Könnte ich nicht, dazu hab ich zwei linke Hände. Ich hab mir in meiner Not eins beim großen schwedischen Möbelhaus gekauft und dort das Kopfteil abgesägt und es meinen Vorstellungen nach farbig angepinselt. Sieht halbwegs so aus wie ich es mir wünsche und wird wohl wenigstens ein paar Jahre halten. 🙂
Die Idee eines „Crowdfunding-Anleitungs-Projektes“ hat Charme und ich wünsche Dir das das was wird.
Grüße
Sebastian
11. Oktober 2012 at 19:08
Würde dir das per Croudfunding eingesammelte Geld nicht von der Stütze abgezogen?
11. Oktober 2012 at 22:15
Geh doch einfach mal nach Renatec und guck da nach Gebrauchtmöbeln.
Alles andere ist doch viel zu aufwändig.
11. Oktober 2012 at 22:35
@Fozzie Das letzte Mal, als ich von dort was bekam, war das ein billiger Schrank, der schon am Tag nach dem Aufbau halb in sich zusammenfiel. Nein danke. Ich brauch was Gescheites und will mich nicht alle halbe Jahre erneut nach Möbeln umschauen müssen. Nägel mit Köpfen, wissenschon.
12. Oktober 2012 at 15:01
@Zensurgegner: Glaub ich nicht, kann ich aber noch abklären. Tatsache ist, daß ich nicht alle Geldgeschenke abgeben muß. Wenn ich das nicht völlig falsch interpretiere, dann sind Beträge, die an eine bestimmte Sache gebunden und nicht „für den laufenden Lebensunterhalt” vorgesehen sind, geschützt.
So haben mir ja zwei Menschen für Ende April Fahrt und Teilnahme am VCFE finanziert, und das ARGE hätte keine Chance gehabt, mir davon etwas wegzunehmen, weil das Geld einer nicht für den Lebensunterhalt notwendigen Zweckbindung unterlag — obwohl der Betrag, den ich für die Fahrscheine überwiesen bekommen hatte, höher als die monatlich erlaubten 100 Euro war.
Hochwertige Selbstbau-Möbel sind demnach nicht für den laufenden Lebensunterhalt notwendig. Vom ARGE würde ich für Möbel maximal einen geringen Kredit bekommen (das heißt, das Geld würde hinterher schrittweise wieder einbehalten). Ansonsten würde ich an Renatec, das hiesige Sozial-Möbellager, verwiesen. Dazu habe ich ja schon was geschrieben: Was von dort an Möbeln kommt, ist einfach mal Schrott.
Auch das vorherige Bett stammte von dort; der Lattenrost war eine Katastrophe und hat mir mehrere Matratzen jeweils binnen weniger Monate gekillt, sogar eine wirklich gute, die mal ziemlich teuer gewesen war. Und schließlich ist der Rahmen unter einem besseren Lattenrost zusammengebrochen. Mehr kann man von diesem Sozial-Möbellager wohl einfach nicht erwarten; die ach so altruistischen Spenden sind wohl mehr oder weniger eine gesellschaftlich anerkannte Form von Abfallentsorgung.
Oder anders: Sollte mir das ARGE hier schon wieder Knüppel in den Weg werfen wollen, dann muß ich halt mal wieder so richtig ungemütlich werden. Dat kennen die ja schon.
13. Oktober 2012 at 8:04
Die zittern vermutlich noch vom letzten Besuch vor Angst!
13. Oktober 2012 at 15:57
@RichardL: Nö, das wohl nicht, aber ich denke schon, daß ihnen klar ist, daß ich ihnen ziemlich viel Streß und Arbeit machen kann. Die meisten wissen ja leider nicht, wie das geht, und lassen sich alles gefallen.
13. Oktober 2012 at 16:02
Geht aber auch andersrum. Ist gaaaanz einfach! Fragt sich wer dann mehr und länger Stress hat.
13. Oktober 2012 at 16:31
@RichardL: Andersrum? Du meinst, die Lügen, Nötigungen und Verschleppungen einfach hinnehmen? Nein, das hat mich einmal eine Wohnung gekostet (war zwar das andere Repressionsamt, aber so groß ist der Unterschied da auch nicht, steht ja auch das gleiche faschistoide Gesetz dahinter). Seitdem akzeptiere ich deren „normales” Verhalten nicht mehr.
14. Oktober 2012 at 1:47
Zwei Bemerkungen:
1. Du hast sicher recht, dass bei den ARGEN, Jobcenter oder wie auch immer es gerade aktuell wo heißen mag, sehr viel im schief läuft.
Deine Strategie ist in einem Punkt richtig: Du machst denen Arbeit und in der Regel sind sie faul und lassen ihren Frust über Dich dann an anderen aus. Mit Einsicht hat das schlicht nix zu tun.
So kann man das machen, funktioniert sogar meistens und oft erstaunlich lange. Die Gefahr dabei ist aber, dass wenn Du an den falschen gerätst , also an jemanden der die Vorschriften und die Rechtsprechung so gut oder besser kennt wie Du (Die meisten Sachbearbeiter haben keine Ahnung und ihnen ist juristisches Denken fremd) und der sich in den Fall, also Deinen, verbissen hast, dann hast Du sehr schlechte Karten.
Ich hatte mal einen Klienten, den hatte der sog. Sozial Psychiatrische Dienst auf dem Kieker. Man (bez. eine amoklaufende Sozialtante) wollte unbedingt eine Betreuung erreichen. Warum wussten sie wohl selber nicht so genau, eben einfach weil sie es immer so machen. Der PSD war von der ARGE eingeschaltet worden.
Das aufzudröseln war alles, nur nicht einfach, die Betreuung (die eindeutig auf Falschaussagen und schlechter Aktenführung beruhte) aufzuheben dauerte, weil der PSD immer dazwischen funkte. Ansonsten ist das Aufheben einer Betreuung – sofern nicht einer von der Brücke springen will oder nachts Stimmen hört, eigentlich kein großes Problem und mit einem Dreizeiler ans Gericht i.d.R. in einer Woche erledigt.
Aber wehe, Sozialtanten und Berufsbetreuer fangen an zu arbeiten und – noch schlimmer – ausnahmsweise an zu denken. Dann wird es haarig und man muss verdammt tief in die Trickkiste greifen.
2. Sozialkaufhäuser, Möbellager.
Dass Du da nur Schrott findest liegt schlicht am System. Ich sehe solche Institutionen eh sehr kritisch, genau wie Tafeln. Aber das ist ein anderes Thema.
Schrott findest Du da nur, weil nur der Schrott in den Verkauf kommt. Bei den Entrümpelungen und Wohnungsauflösungen finden sie sehr oft sehr gute und sehr wertige Sachen, nur auf die haben die Mitarbeiter schon ein Auge. Und ich kann es ihnen nicht verdenken.
Hier gibt es einen solchen Verein, der beschäftigt viele Ein Euro Jobber, die mehr einbringen als sie kosten. Und die müssen richtig schwer malochen. Und wehe sie nehmen ein Trinkgeld…
Der Verein stinkt vor Kohle und noch mehr vor Scheinheiligkeit. Ab und an stellen sie jemanden ein, wenn die Arge es ein Jahr lang fördert. Überflüssig zu erwähnen, dass sich nach 11 Monaten regelmäßig raus stellt, dass der Betreffende überhaupt nicht geeignet, renitent, faul oder sonst was ist.
Wenn Du jemanden gut kennst, der in einen solchen Lager arbeitet (arbeiten muss, dann hast Du eine Chance was vernünftiges zu finden. Ich habe für sehr kleines Geld (und ein großes Trinkgeld für die Packer und Aufbauer, als der Aufsichst-Sozialarbeiter auf dem Klo war) meine Küche (Poggenpohl, 1A massiv Qualität, normalerweise unbezahlbar).
JO
15. Oktober 2012 at 0:14
über’n Weg …..
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