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Netflix mit Linux

15. Dezember 2014 um 0:03 Uhr von Atari-Frosch

Diesen Abend wollte ich eigentlich damit verbringen, einen Film zu sehen. Und nachdem ich eine entsprechende Empfehlung bekommen hatte, meldete ich mich bei Netflix an. Der erste Monat ist ja kostenlos, und wenn ich nichts finden würde oder die Geschwindigkeit meiner Leitung nicht ausreichen sollte, kann ich mich ja wieder abmelden.

Nach der Anmeldung sollte ich dann aus einer recht geringen Auswahl drei Filme bzw. Serien markieren, um Netflix mal so grob meine Interessen anzuzeigen, damit man mir passende Vorschläge unterbreiten könne. Bei diesen Vorschlägen war der „Hobbit“ dabei, der mir nach einer Änderung der Spracheinstellung auch auf Englisch angeboten wurde. Dabei stellte ich schon den ersten Mangel fest: Die Spracheinstellung der Seite und der Filme wird nicht getrennt; will ich Filme/Serien in englischer Sprache haben, dann bekomme ich auch alle Menüs und Hilfen auf Englisch angezeigt. Aber es wäre ja viel zu einfach, wenn das das einzige Problem geblieben wäre.

Beim Versuch, den „Hobbit“ abzuspielen, landete ich auf einer Seite, die mir was von System-Voraussetzungen erzählte. Erst an dieser Stelle erfuhr ich, daß man hier von Linux eigentlich so gar nichts wissen wollte: Präsentiert wurden nur Voraussetzungen für Windows Vista, Windows 7 und Mac OS X. Ähm, ja. Das hättet Ihr ja eigentlich mal früher sagen können, zumal ich meine Browser- und Betriebssystemkennung nicht verberge.

OK, dachte ich, vielleicht gibt es da ja einen Trick, der nicht so offensichtlich ist. In der Hilfe fand ich dann viele, viele Hinweise auf die Extension „Silverlight“ von Microsoft. Erstmal davon ausgehend, daß ich das hier eher nicht ins System integriert bekomme, sah ich mich weiter um und entdeckte eine Chat-Funktion. Das sah doch mal interessant aus, also wollte ich mal wissen, was man mir da zum Thema Linux zu sagen hatte.

Nach kurzer Zeit meldete sich ein Mensch (doch, tatsächlich, kein Bot!) namens Izzy. Diesem legte ich das Problem dar, auf das ich gerade gestoßen war:

Izzy: Hi there, thanks for contacting Netflix. My name is Izzy. Who do I have the pleasure of chatting with?

Sabine: My name is Sabine.

Sabine: I just registered and now I find that it seems to be impossible to use Netflix with a Linux system. Is that true?

Izzy brauchte ein paar Minuten, um auf die Frage zu reagieren. Scheint also zumindest keine übliche Frage gewesen zu sein.

Izzy: :O! All right Sabine, no problem. I'm sure I can help you out clearing all your doubts. Right now Linux doesn't support Netflix as Linux-based browsers do not have the premium video extensions required to allow our HTML5 player to stream movies and TV shows.

Mein erster Gedanke war: Ja, warum baut bzw. portiert Ihr die nicht bzw. warum benutzt Ihr überhaupt was Proprietäres? Aber ich wollte erstmal abwarten, ob Izzy vielleicht Alternativen kennt.

Sabine: Well, basically my browsers can handle HTML5.

Izzy: Yup, many Linux browsers handle HTML5 but not with all the necessary extensions and plugins. No worries though, there are many other device you can stream in and I can also send a recommendation to push to get Linux to support Netflix.

Sabine: There is no other device I have available.

Sabine: This PC, or not at all.

Schon lustig, daß alle Welt mittlerweile davon ausgeht, daß man mehrere unterschiedliche, internetfähige Geräte besitzt. Im Support sollte man wissen, daß man sowas nie voraussetzen darf. Der Vorschlag, die Linux-Unterstützung intern mal ein wenig anzuschubsen („to push“), wäre ja ein netter Anfang, hilft mir jetzt im Moment aber nicht so wirklich weiter. Ich wollte ja eigentlich jetzt einen Film gucken.

Die Antwort dauerte wieder ein wenig:

Izzy: Got it, well I can personally say that a friend of mine with Linux has been able to get Netflix (because of the customizable nature of Linux). As a Netflix rep, all I can say is that this is possible but might or might not work as it is not officially supported..

Also: Es könnte irgendwie gehen, weil man in Linux ja so viel selber machen kann, aber vorgesehen ist es von Netflix' Seite aus nicht; es kann also funktionieren oder auch nicht. Das ist etwas unbefriedigend.

Sabine: So what can I do?

Sabine: If it helps: This is Debian GNU/Linux 7 (wheezy).

Izzy: I see, which browser did you tried to stream with?

Sabine: iceweasel (Firefox), Version … wait a moment

Sabine: Version 31.3.0. It's the version from the Debian repo, not from the Mozilla website.

Er meinte dann, ich möge doch mal den aktuellen Chrome testen – und niemandem verraten, daß er mir das gesagt hätte. Chrome ist nun nicht unbedingt etwas, was ich im System haben wollte, und das sagte ich ihm auch.

Izzy: I understand, but Firefox is still using Silverlight as a streaming plug in instead of HTML5, hence the inability to stream.

Er behauptet also, Firefox könne kein HTML5? Das glaub ich ja nun nicht.

Silverlight hatte ich als reine Microsoft-Veranstaltung in Erinnerung. Die entsprechende Seite bei Microsoft klärte mich jedoch darüber auf, daß das Ding auch auf Linux laufen würde. Ich klickte mich entsprechend durch und landete auf der Website von Moonlight.

Ich korrigierte mich also Izzy gegenüber und teilte mit, daß es da wohl doch was für Linux gibt.

Izzy: Exactly, as I just said, Firefox uses Silverlight to stream. Linux doesn't have Silverlight, so the only option is to use a browser that uses HTML5, in this case: Chrome.

Jetzt sind wir wieder bei HTML5 – das alleine aber offenbar gerade nicht genügt. Denn sowohl iceweasel als auch Chromium in Debian sprechen schon seit einer Weile HTML5; das allein löst das Problem aber gerade nicht. Also waren meine Schlußfolgerungen:

Sabine: Just learned that Microsoft says it can also be used on Linux. OK, that's what I'll do: At first I'll try chromium (not Chrome). If it does not work, I'll try to get Silverlight running with iceweasel (could be funny). And if all this does not work, I'll try to get Chrome.

Sabine: I didn't think that I have to do such a lot of work to get this thing running :-/

Izzy: Usually someone else would have just leave it at "Linux doesn't support Netflix", but I really want you to stream :).

Sabine: Would be really nice of you guys to offer a out-of-the-box solution for Linux users, as there are not only a few dozens out here.

Sabine: OK, I don't know whether I can do all that tonight, for actually I wanted to watch a movie … but I'll call back when I'm stuck again. 😉

Izzy: Totally, let me go ahead and write a feedback memo on this so we can push to get supported on Linux :D.

Nach ein paar Höflichkeitsfloskeln wurde ich noch gebeten, den Dialog zu bewerten, dann konnte ich mir das Ganze per Mail zuschicken lassen. Wenn ich allerdings gewußt hätte, daß das völlig verHTMLisiert kommt (eine durchgehende, unstrukturierte HTML-Suppe mitsamt Angaben zu Fonts und Fontgrößen), hätte ich lieber eine Copy-Paste-Version direkt aus dem Chatfenster gezogen, das geht nämlich. Na gut, nächstes Mal.

So nebenbei stellte ich dann noch fest, daß sie mir die vierstellige Kindersicherungs-PIN, die ich vorher einstellen mußte, im Klartext per Mail zugeschickt hatten. Hmja, kannste schon so machen.

Also ging ich an die Arbeit: Chromium (Version 37.0.2062.120 aus dem Debian-Repo) kam beim Versuch, den Film abzuspielen, ein winziges bißchen weiter: Er landete nicht mehr auf der Seite mit den System-Voraussetzungen. Stattdessen versuchte er offenbar tatsächlich, etwas abzuspielen; ich bekam ein Standbild und einen kurbelnden Kreis, das dann jedoch von einer Fehlerseite abgelöst wurde.

Der Hilfe nach besagte der Fehlercode („Playback Error M7083-2107“), daß ich alle Extensions ausschalten sollte. Das brachte jedoch keine Änderungen.

So würde ich also nicht weiterkommen.

Die Moonlight-Website verwies für Debian direkt ins Repository, also konnte ich genauso den direkten Weg gehen:

# apt-get install mono-complete

zog mir locker-flockige 45 MB an Zeugs auf die Platte, warf beim Installieren dann aber massenweise mit Zeilen, die mit dem häßlichen Wort „Problem:“ anfingen. Trotzdem wurde die Installation nicht abgebrochen, sondern lief durch.

Weder in iceweasel noch in Chromium konnte ich von der Moonlight-Extension danach irgendetwas entdecken. Das hatte dann wohl nicht geklappt. Auch weiterhin konnte ich in beiden Browsern nichts von Netflix abspielen.

Also nächster Schritt: Ich zog mir Chrome für Debian/Ubuntu 64bit von der Google-Website. Nochmal 45 MB. Beim Versuch, das .deb zu installieren, wurden allerdings gleich zwei angeblich fehlende libs angemeckert: Er hätte dann doch gern libappindicator1 und libcurl3 gehabt. OK, ich bin ja gar nicht so:

# apt-get install libappindicator1 libcurl3

Reading package lists... Done

Building dependency tree

Reading state information... Done

You might want to run 'apt-get -f install' to correct these:

The following packages have unmet dependencies:

libappindicator1 : Depends: libdbusmenu-glib4 (>= 0.4.2) but it is not going to be installed

Depends: libdbusmenu-gtk4 (>= 0.4.2) but it is not going to be installed

Depends: libindicator7 (>= 0.4.90) but it is not going to be installed

Recommends: indicator-application (>= 0.2.93) but it is not going to be installed

E: Unmet dependencies. Try 'apt-get -f install' with no packages (or specify a solution).

Leck mich doch in de Täsch. 🙁

Ich wollte jetzt dann doch nicht so weit gehen, mir das komplette System zu verbiegen.

Allerdings erzählt mir Heise Open, daß es ohne Google Chrome wohl wirklich nicht laufen wird. Und nicht nur das: Im Artikel Netflix uneingeschränkt unter Linux findet sich auch die wahre Begründung dafür.

Voraussetzung für das Videostreaming ist noch immer Googles Chrome-Browser, der die Encrypted Media Extensions (EME) unterstützt. Firefox fehlt die Unterstützung für diesen umstrittenen DRM-Standard des W3C bislang.

Ah, daher weht also der Wind: Digital Rights Management (DRM). Mozilla hat ja möglicherweise gar kein Interesse daran, diesen Standard einzubauen, wenn der – vermutlich zu recht – umstritten ist.

Aber selbst, wenn ich dieses Problem ignoriere, will Chrome mir offenbar einen Abhängigkeits-Knoten ins System bauen. Oder gibt es da auch einen Trick, um Google Chrome ohne Gedöns auf einem aktuellen Debian Wheezy laufen zu lassen?

Wäre ja doof, wenn ich den „Kostenlos“-Monat ohne eine Lösung herumgehen lassen und dann kündigen müßte, ohne das eigentliche Angebot mal ausprobieren zu können. Danach kann ich nämlich natürlich keinen weiteren kostenlosen Test-Monat in Anspruch nehmen, wenn ich den Stream dann mal empfangen kann.

Hat das jemand schon am Laufen und kann mir vielleicht den einen oder anderen Tip hier abwerfen?


History

10 Kommentare zu “Netflix mit Linux”

  1. Horay Narea quakte:

    Moonlight wird schon seit (gefühlten) Ewigkeiten nicht mehr weiterentwickelt und wurde von den Entwicklern aufgegeben und Chrom[e|ium] kann sowieso keine NPAPI-Plugins mehr…

    Bessere Lösung wenn Chrome bei dir wirklich nicht geht (ich denke aber doch… ich hab noch kein System gefunden auf dem das nicht geht :D): Pipelight installieren dann läuft es in allen Browsern die NPAPI Unterstützen… also auch Firefox

    Hier ne gute Anleitung: http://wiki.ubuntuusers.de/Pipelight#Installation (ja ist für Ubuntu aber nimmt sich nicht viel außer dem PPA)


  2. Fritz Alfred K. quakte:

    Da haste was zu Firefox und EME:
    http://www.pcworld.com/article/2155440/firefox-will-get-drm-copy-protection-despite-mozillas-concerns.html


  3. SackOhneSenf quakte:

    @Fritz Alfred K.: Schön wäre es, wenn Firefox Netflix und andere Videos abspielen könnte, doch die hier beschriebenen Änderungen können sich meines Wissens nach nur auf Mikyschrott Systeme beziehen. Da ein passendes Plugin von Adobe geladen werden muß, das aber nicht für Linux bereitgestellt wird, wie soll das ganze dann unter Linux laufen? Wieder so eine Wine-Krücke, wie das Pipelight?


  4. SackOhneSenf quakte:

    @Horay Narea: „nimmt sich nicht viel außer dem PPA“ kann nur jemand sagen, der sowie Wine komplett installiert hat. Pipelight benötigt Wine für den Betrieb, also muß man Wine samt der ganzen Mikyschrott DLLs auf seinem System installieren ;(


  5. Carl quakte:

    Also, nur soviel: Unter Jessie Läuft Chrome und damit auch Netflix ohne Probleme, aber vll sollte man mal Probiern ob man bei Chromium mit Pepperflash DRM aktiviern kann.

    Daher kann ich leider nicht sagen wie das unter Wheezy ausschaut, aber zumindest den Ausblick geben.


  6. SackOhneSenf quakte:

    … und, hast du in Punkto Netflix unter Linux etwas erreicht?


  7. Atari-Frosch quakte:

    Ich habe den Account innerhalb der „Probezeit“ gekündigt. Nicht nur, weil ich es nicht nutzen kann, sondern auch, warum das so ist:

    In HTML5 wurden offenbar Elemente implementiert, die das Digital Rights Management sicherstellen sollen. Die Hersteller bzw. Maintainer der verbreiteten Browser unter Linux haben diese Elemente aber aus naheliegenden Gründen nicht eingebaut. Wir wollen ja schließlich kein fremdgesteuertes DRM auf unserem System haben. Das ist aber noch nicht der Grund.

    Der Grund ist, daß es ausgerechnet Netflix war, die den Einbau dieser Elemente in HTML5 forciert haben. Deshalb stellen die sich auch auf den Standpunkt, „Linux unterstützt leider diese Technologie nicht“; sie sagen damit: „Wir konnten ‚Linux‘ leider nicht dazu bringen, eine von uns erdachte und forcierte Technik einzusetzen, die Dir auf Deinem Computer Freiheiten nimmt.“ Siehe auch: Netflix coming to HTML5 just as soon as the DRM ducks are in a row auf Arstechnica vom 16.04.2013.

    Und dann wundern sich die Content-Hersteller, daß Menschen es sich einfacher machen und sich die gewünschten Filme und Serien von Pirate Bay oder so runterladen, selbst wenn sie eigentlich dazu bereit wären, für den Content zu bezahlen.


  8. SackOhneSenf quakte:

    Ja die Unternehmen haben doch gar kein Interesse daran freie Systeme wie Linux zu unterstützen. Wenn mann die Firmen fragt, heißt es, können wir nicht oder zuviel Aufwand. Auf der nächsten Zeile stehen dann die unterstützten Systeme: Mac OS X und/oder Android … und Linux soll nicht gehen oder zuviel Aufwand sein? Das ich nicht lache! Die Unternehmen haben schlicht kein Interesse ihre Verkrüppelungsgeheimnisse offen zu legen … und freiheitsliebende Menschen schauen somit schlicht in die (leere) Röhre [sofern das im Zeitalter der TFT noch einer versteht].

    Nun ja, soweit ich gesehen habe, will Mozilla mit FF 37 bis 39 zumindest diese MSE implementieren. Bin mal gespannt, was dann geht und was nicht. Wenn ich Services wie Netflix gescheit empfangen und anzeigen kann, bin ich auch bereit dafür zu zahlen. Bis die Firmen aber den komfortablen Zugang auch unter Systemen wie Linux ermöglichen, ziehe ich mir die Serien Stücke und Filme eben von illegalen Download Angeboten … und da stehe ich offen dazu.

    Abschließend möchte ich dir noch für deinen Mut und Zeitaufwand danken, wenigstens den Versuch unternommen zu haben, denen mal auf die Zehenspitzen zu treten. Beim Kopf kommt ja leider nichts an, da ist der Widerstand viel zu groß und der Weg zu weit 🙁


  9. Jens quakte:

    Na wie gut das ich bei Amazon Prime bin. Ich auch viel günstiger.


  10. Atari-Frosch quakte:

    @Jens: Meinst Du, die machen es anders? 😉

    Und nein, es stimmt nicht, daß Website-Angaben generell nicht erwünscht sind. Werbende bzw. kommerzielle Website-Angaben sind nicht erwünscht. Mein Blog ist keine kostenlose Werbeplattform für Dritte.


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