Backup auf VHS?
15. Juni 2015 um 15:55 Uhr von Atari-Frosch
Mir flog da gerade ein Gedanke durch den Kopf. Grundsätzlich hatten den offenbar schon andere, aber eine tatsächliche Umsetzung habe ich in einer ersten Google-Suche nicht gefunden.
Im verlinkten Forums-Thread hat einer ermittelt, daß auf 160 Minuten einer VHS-Cassette etwa 2,7 GB an Daten passen würden. Das klingt ja nicht sooo schlecht. Wenn die Bänder die Daten zuverlässig für, sagen wir, ein paar Jahre halten, kann man da schon einiges drauf unterbringen. Primär ginge es mir aber erstmal um „because we can“.
Die Frage ist auch nicht so sehr, ob das billig wäre oder welche anderen Möglichkeiten es noch gibt. Billig wäre es mittlerweile tatsächlich. Wieviele Leute wollen seit Jahren ihre VHS-Cassetten verschenken und werfen sie schließlich weg, weil sich kein Abnehmer mehr findet?
Der Datentransfer wäre natürlich sehr langsam, aber das ist bei Bandlaufwerken ja generell und prinzipbedingt normal. Für ein Backup von beispielsweise Dokumenten, Foto- oder Musikdateien spielt das aber keine so große Rolle.
Ich habe selbst noch über 150 VHS-Cassetten im Schrank stehen. Die wenigen Filme darauf, die wirklich nicht mehr woanders und in besserer Qualität zu bekommen sind, kann ich digitalisieren. Den Rest beschaffe ich mir sowieso nach und nach auf DVD – und so nebenbei unsynchronisiert, was ich (soweit englisch gesprochen wird) sowieso bevorzuge.
Die Kapazitäten meiner VHS-Cassetten sind 120, 180, 240 und 300 Minuten, wobei ich früher bevorzugt solche mit 240 Minuten Laufzeit gekauft habe. Wenn die Berechnung des Forumsteilnehmers stimmt, ergibt diese Umrechnungstabelle (Faktor: 0,016875 GB pro Minute):
Minuten | Kapazität (GB) |
---|---|
120 | 2,0250 |
180 | 3,0375 |
240 | 4,0500 |
300 | 5,0625 |
Gebrauchte Videorecorder gibt es bei eBay gelegentlich schon für unter 10,00 €, und vielleicht hat ja der eine oder die andere noch einen zu Hause, der dort im Schrank verstaubt.
Ich vermute, daß man die Elektronik entweder erweitern oder sogar komplett ersetzen müßte. Ein Ein-Platinen-Computer wie ein Raspberry Pi oder ein Arduino sollten die Steuerung der Mechanik übernehmen können. Gleichzeitig könnten sie die Verbindung in ein normales LAN herstellen.
Was sich vermutlich nicht vorab testen läßt, ist die Zuverlässigkeit. Wenn ein Film auf VHS mal ein paar kleine Fehler hat, fällt das vermutlich gar nicht weiter auf. Bei Daten muß das Medium wesentlich exakter sein: Ein gekipptes Bit kann eine ganze Datei unbrauchbar machen, erst recht, wenn sie vorher verschlüsselt wurde.
Hat das schonmal jemand probiert? Oder kennt einen, der einen kennt? Ich würde das wirklich gern mal ausprobieren.
[Update 2015-06-15 16:32] Ich habe eben zwei Links erhalten:
- Fluß ohne Wiederkehr (kostenpflichtiger Artikel aus der c't 6/1993
- Backup auf Video aus der Computerwoche vom 30.03.1984
[/Update]
15. Juni 2015 at 16:32
sowas gab es in den 90ern bei pearl zu kaufen, sowas hier:
http://www.heise.de/artikel-archiv/ct/1993/06/038_Fluss-ohne-Wiederkehr
http://www.computerwoche.de/a/backup-auf-video,1173373
http://www.mozart-turm2.de/bimarc/1993/bim05293.txt
war auch eher meh, weil analoge medien eben schnell nen bitschaden nehmen können und es nur EINMAL bandsalat geben musste und das wars mit den daten.
15. Juni 2015 at 16:43
Genau DAS ist das Problem!
ich bin mit einem VC 20 von Commodore angefangen und als erstes Speichermedium hatte ich einen Kassettenrekorder.
Darauf konnte man speichern und auch wieder einlesen. Aber da musste alles stimmen. sonst funktionierte das nicht (richtig).
Je länger und damit dünner die Bänder waren umso mehr Fehler traten auf.
Nun sind die Laufwerke von Videorekordern sicherlich präziser als die der Kassettenrekoder. Aber ich würde denen nix Wichtiges anvertrauen.
Zudem ist das als private Bastellösung sicher inrtressant. Aber kommerziell wird man das kaum verwerten können.
15. Juni 2015 at 16:56
@Gucky: Ich ging jetzt auch nicht von kommerzieller Verwertung aus. „Einsatzfähig“ würde mir schon genügen, dann darf es gern eine Bastel-Lösung sein.
Was die Bänder angeht: Das dürfte auch auf die Zusammensetzung des Bandmaterials ankommen. Immerhin wurden (werden?) Tapes in Firmen lange für Backups eingesetzt, das werden die nicht gemacht haben, wenn das Zurückholen nicht sauber möglich gewesen wäre. Müßte man halt mal testen.
15. Juni 2015 at 18:03
Also wenn du vorhast, so etwas mit einem Raspberry Pi umzusetzen, halte ich das ganze nicht für sinnvoll. Ein Pi kostet etwa 35 EUR, dafür bekommst du eine externe Festplatte mit 500GB. Diese ist schneller, benötigt weniger Platz und ist komfortabler. Auch wenn es nur um das „weil es geht“ geht, schade um die investierte Zeit!
15. Juni 2015 at 18:46
He, ich liebe so alte Technikprojekte. Doch ehrlich, auf ne DVD gehen 4,7G.
Trotzdem, für alle „Spinner“ (ne, sagen wir besser Kreative!) als Tipp wegen der drop outs.
a) verteilt man die Daten (schreibt also nicht Byte für Byte (oder Bit für Bit) hintereinander)
b) schreibt man redundant und verwendet fehlerkorrigierende Codes.
Übrigens, viele GraKa haben Analog-Eingänge und können VHS lesen und natürlich ein Bild auf einem TV ausgeben. Möglicherweise braucht es keine weitere Hardware… Klar, die Bilder dürften „interessant“ aussehen 😉
Ja, isch habe keinerlei Ahnung und keinen Link gelesen. Sorry, Zeit momentan… Vergib mir. Und sach mal, wenn Dir da noch was einfällt.
15. Juni 2015 at 22:46
Es gibt auch DVD-RAMs. Kosten 2€ das Stück (für 2,xGB), sind sehr haltbar und lassen sich mit jedem 20€-Brenner beschreiben.
16. Juni 2015 at 16:56
*seufz* – Ich war eigentlich der Meinung gewesen, den Artikel so formuliert zu haben, daß es mir nicht um beliebige andere, modernere, günstigere etc. Lösungen geht. Das ist wohl der Usenet-Effekt. Frag nach einer Lösung, und die Hälfte wird Dir sagen, daß schon das, was Du tun willst, Kacke ist. :-/
16. Juni 2015 at 18:01
Nope, das ist nicht „Kacke“. Warum, liebe Leute, machen Menschen Kunst? Warum tüfteln sie?
Und wenn schon alles einen Sinn haben muss, warum machen dann >90% der produzierten Dinge genau das Gegenteil eines Sinns? (und ja, auch Kommentare werden produziert ist Selbstironie)
Aha. s/:-\//:-)/g
19. Juni 2015 at 11:09
Die Frage VHS Bänder als Datenspeicher zu nutzen, war eher so Ende der 80er Jahre aktuell. Da habe ich mich eine Zeit lang mal damit beschäftigt, bin dann aber aus verschiedenen (nicht zum Thema gehörenden) Gründen aus dem Projekt ausgestiegen. Als ich etwas später den Hauptbetreiber des Projektes mal darauf angesprochen habe, sagte der mir, dass er das ganze Projekt eingestellt hat, aus einem technischen Grund.
Im Gegensatz zu Audio oder Computerbändern werden VHS Bänder nicht einfach sequentiell beschrieben, sondern mittels mehrere rotierender Köpfe, die hierdurch mehrere in einander verzahnte, kurze Spuren erzeugen. Bei jedem Wechsel von einem Spurende zu einem neuen Spuranfang gibt es eine kleine Lücke in der Aufzeichnung, die zwar auf einem Video kaum zu sehen ist, aber jeden Datenstrom definitiv killt. Man könnte also nur dann daten auf ein VHS-Band aufzeichnen, wenn:
a) die Aufzeichnungsgeschwindigkeit so gering ist, dass die häufigen Lücken im Datenstrom noch leicht zu korrigieren sind.
oder
b) wenn man die Aufzeichnung in viele kleine Blöcke zerlegt, die jeweils auf ein kurzes Spursegment passen … und da geht es los, es gibt kein einzigen VHS Recorder, der dir eine Information liefert, mit der du die Aufnahme auf solche Spurstücke synchronisieren könntest. Zudem die Spurlage (und -länge) nicht konstant ist, sondern ständig leicht schwankt und nach synchronisiert werden muß.
Versuchst du einen ehemals handelsüblichen VHS Rekorder über die Standard Schnittstellen zu nutzen, kannst du nur eine niedrige Aufzeichnungsdichte erreichen. Versuchst du aber direkt an die Quelle (Aufnahmeköpfe) zu gehen, wirst du dich wundern, wie aufwendig der ganze Prozess zur Steuerung ist. So aufwendig, dass man sich fragt, wie man damit ungestört Video anschauen konnte. Zudem hatte jeder Hersteller intern andere Schnittstellen und genaue Service-Unterlagen / Schaltpläne waren für Videorekorder immer ein großes Fimengeheimnis.
Ich gehöre nicht zu denen, die jedes Bastelprojekt ablehnen, nur weil sie es nicht für sinnvoll erachten, aber das Projekt Datenaufzeichnung kommt nicht nur 20 bis 30 Jahre zu spät, sondern wurde auch vor mehr als 20 Jahren schon mangels Rentabilität (zu geringe effektiv nutzbare Datenmenge) wieder aufgegeben. Von allen, die sich damit jemals beschäftigt haben.
Ich sehe daher also keine sehr große Chance mehr als ein paar MByte an Daten halbwegs zuverlässig auf eine VHS Kassette zu bekommen … und wie jemand anderes schreibt, für deutlich weniger Geld bekommst du heute erheblich zuverlässigere und größere Datenspeicher.
29. Juni 2015 at 17:14
Baut eure Datensicherung im Raid 11 oder so und die Ausfallquoten eines Bandes sind weniger relevant 😀
Im Ernst schöne Bastelidee. Aber gerade alte Videobänder sind längst untauglich, die zersetzen sich doch afaik mit der Zeit und dann sind Fehler vorprogrammiert. wenn dann sollte man nur neue Bänder verwenden.
Viel Spass beim basteln!
3. Juli 2015 at 15:39
Dieser Artikel beschreibt auch wie es zu der Schrägaufzeichnung kam:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Die-Letzten-ihrer-Art-VHS-Cassetten-werden-nicht-mehr-hergestellt-2733692.html
3. Juli 2015 at 19:47
@SackOhneSenf: Danke für die ausführliche Beschreibung. Heißt also: Ich laß das mal, dat jeht so nit. Na gut.
Braucht jemand ein paar Dutzend VHS-Cassetten? 😉
4. Juli 2015 at 0:16
Die Zeit der Band-Aufzeichnungen ist wohl vorbei, so wie die Zeit der Lochstreifen und Lochkarten schon länger vorbei ist, und Disketten langsam vom Markt verschwinden. Noch im Einsatz befindliche Magnetband-Geräte werden schrittweise auf Festplatten-Speicherung umgestellt. Nur dort wo über längeren Zeitraum noch auf ältere Bänder zu gegriffen werden muß, sind entsprechende Geräte noch im Einsatz.
Da Magnetbänder aber in der Regel in bestimmtem Turnus neu geschrieben werden müssen, um die Wahrscheinlichkeit eines Daten-Verlustes durch Alterung und Verlust der Magnetisierung zu reduzieren, werden existierende Magnetband-Aufzeichnungen in den nächsten Jahren wohl ganz verschwinden.
„Braucht jemand ein paar Dutzend VHS-Cassetten?“ – da die nicht mehr hergestellt werden, und wohl in kürze endgültig aus dem Handel verschwinden, könnte deren Wert im Gebrauchthandel ggf. noch steigen … sofern sie gut gelagert waren und unbeschädigt sind.
4. Juli 2015 at 16:06
https://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Data_Storage
Eigentlich war das ja mal das Bandsystem für Datenspeicherung. DAT Laufwerke aus der Tontechnik an die Anforderungen als Datenträger angepasst.
Das ist auch durchaus noch ein gängiges System, soweit ich weiß.
Vielleicht spielen Sie doch lieber mit einer solchen Lösung ein bischen :D, man muss ja nicht gleich ganz tief ins Museum greifen …
MFG