Systematische Menschenverachtung
29. November 2015 um 15:18 Uhr von Atari-Frosch
Letzte Nacht konnte ich mal wieder nicht gut schlafen. Mir war etwas in den Sinn gekommen, was sich bereits vor drei Wochen abgespielt hat, dessen Bedeutung mir aber zunächst nicht voll bewußt geworden war. Vor knapp drei Wochen hatte ich den Sozialhilfe-Antrag mitsamt Eilantrag gestellt, wie mir meine Anwältin geraten hatte. Und dann schrieb sie mir noch, daß sie eine Woche später einen neuen Antrag beim Gericht einreichen werde, diesmal gegen die Stadt Düsseldorf.
Ich hatte erst gar nicht verstanden, warum. Stadt Düsseldorf? Das ARGE ist nicht Stadt Düsseldorf, jedenfalls nicht nur. Nein, es ging um den Sozialhilfe-Antrag.
Auch als die prompte Ablehnung des Antrags kam, noch bevor ich alle angeforderten Unterlagen nachgereicht hatte, hatte ich das noch nicht verstanden. Ja, manchmal steh ich auf dem Netzwerkkabel, erst recht, wenn ich so dermaßen unter Druck stehe.
Es muß ihr wohl schon klar gewesen sein, daß das – ja, ich bleibe gerade deswegen bei diesem Begriff – faschistische Repressionsamt meinen Antrag entweder ablehnen oder verschleppen wird. Daraus schließe ich: Das hat System. Nicht daß mir das nicht vorher schon klar war; allerdings hatte es von mehreren Seiten geheißen, dieses Amt sei mittlerweile gar nicht mehr so schlimm.
Küstennebel hat daher Unrecht, wenn er kommentiert:
Die inflationäre Verwendung von „Faschistoid“ und der Hang anderen zu unterstellen es ginge um die Vernichtung Ihrer Person macht Sie vielleicht blind für die wirklichen Ursachen. Es ist nicht so selten, das die Übergabemodalitäten zwischen Ämtern wegen Kleinigkeiten nicht richtig laufen. Das muss nicht immer gleich eine Verschwörung dahinter sein. Und so deuten Sie also einen Fehler des Amtes als einen Angriff auf Sich selbst und machen es sich schwerer damit zurecht zu kommen.
Nein, es geht nicht um die Vernichtung allein meiner Person, und das habe ich auch schon mehrfach betont. Die wirklichen Ursachen bestehen darin, daß eine solche Menschenverachtung und die Existenzvernichtung der als „überflüssig“ aussortierten Menschen systematisch geschieht. Und nur, weil ich hier natürlich primär meine Geschichte erzähle und das entsprechend in der Ich-Form, heißt das nicht, daß es nur mich trifft oder daß ich mich da allein persönlich verfolgt sehe.
Und es geht auch nicht um Kleinigkeiten, die mal nicht richtig laufen. Dafür könnte ich sogar Verständnis haben. Hier geht es um Methoden. Das Verschwindenlassen von relevanten Unterlagen, das Verschleppen von Verfahren, das Verschweigen von Rechten, die vielen Lügen, das geschieht systematisch, das hat Methode. Und die seit Jahrzehnten unterbesetzten Gerichte tun sich dann natürlich leichter, falschen Textbausteinen der Repressionsämter zu glauben, statt sich mal selbst schlau zu machen und immer wieder anders lautende Schriftsätze von Zwangsverarmten und ihren Anwälten zu lesen, und entscheiden wunschgemäß.
Dafür gibt es zu viele weitere Beispiele, als daß man sagen könnte, das passiert halt mal. Es passiert nicht „halt mal“. Es passiert stattdessen mit einer solchen Selbstverständlichkeit, daß davon auszugehen ist: Das ist in diesen Ämtern Alltag, völlig normal, anders ist auch gar nicht erwünscht. Wären es nur einfach Versehen, dann würde man um Entschuldigung bitten und den Schaden zumindest versuchen zu begrenzen. Das macht da aber keiner – und wenn es in Ausnahmefällen doch einmal geschieht, dann hat es keine Folgen, und es wird weitergemacht wie bisher.
Und es ist ja auch politisch gewollt, sonst wäre das SGB längst massiv in Richtung Grundgesetz-Konformität geändert worden, und bei der Bundesarbeitsagentur herrschte ein anderer Geist.
Es bleibt dabei, was ich in meinem Artikel über Faschismus schrieb: Wir („Überflüssigen“) sind weniger wert als der Rest der Gesellschaft, deshalb kann man uns ja ruhig mal die Grund- und Menschenrechte aberkennen. Dazu kommt noch was anderes:
Eifelbrötchen @Mandelbroetchen
Problem vieler Menschen: Sobald sie einen Menschen nicht verstehen, nehmen sie die schlechtmöglichste Interpretation in ihrem Weltbild an.
Das gilt insbesondere auch für Behördenmitarbeiter gegenüber Sozialleistungsempfängern. Das bestätigt sie dann darin, daß wir die Grund- und Menschenrechte schonmal gar nicht verdient haben. Nicht daß sie sonst weiter über solche Rechte nachdenken würden, denn primär interessieren sie sich für die hausinternen Anweisungen und maximal noch das, was im SGB steht. Über diesen Tellerrand schauen und mal nachdenken wollen sie nicht, können sie vielleicht auch nicht – deshalb werden sie ja eingestellt.
Das gleiche Verhalten, das sie unsereins unterstellen – nämlich ständig zu lügen und betrügen zu wollen –, legen sie selbst grundsätzlich, ständig und regelmäßig an den Tag: Sie lügen, verschleppen, betrügen, nötigen. (Das sind dann besonders die, die sich so furchtbar bedroht fühlen, wenn jemand auch nur Widerworte gibt.)
Und das hat auch gar nichts mit meinem spiegelhaften Verhalten zu tun:
Emm Roy @Emmnotemma
Don't waste your time bending over backwards trying to gain the approval/respect of people who are actively trying to dismiss you.
Es hat keinen Sinn, sich zu verbiegen, um damit zu versuchen, von Leuten anerkannt zu werden, die aktiv daran arbeiten, Dich zu ignorieren, abzuschreiben oder gar zu vernichten.
Und ich sage es nochmal: Wer in einem Repressionsamt arbeitet, weiß, was er tut und wofür er sich hergibt: Für systematische Menschenverachtung, gewollt von asozialen, faschistoiden Bundesregierungen.
Nein, es geht nicht nur um mich. Ich bin nur ein Mensch von vielen. Es geht um systematische Menschenverachtung.
30. November 2015 at 19:18
Folgendes hilft zwar jetzt nicht wirklich, doch
(sieh die Länge als „verzweifelten Versuch“ den „Realitäten“ und „Tatsachen“ etwas entgegen zu stellen, die Dinge „richtig“ zu rücken):
Nach Ockhams Rasiermesser ist die einfachste Erklärung wahrscheinlich korrekt. In diesem Fall ist das nicht Böswilligkeit im herkömmlichem Sinn. Es ist „nur“ Dummheit. Sie wissen nicht, was sie tun. Sie wussten es nicht bei den Abstimmungen im Parlament, denn sie waren nicht einmal da. Nicht einmal ihre Reden waren wirklich da, sondern im Fraktionszwang gefangen. Nichts davon hat mit dem Herrn Harz zu tun, denn der hat gar nichts „erfunden“ und niemals die Situation der Menschen gesehen. Schröder auch nicht oder besser schon lange nicht mehr. Da ging es um ganz andere „Probleme“, um Wahlen, Finanzen und Macht. Es ging um ein ganzes Land und ein System und nicht um die Menschen. Man wollte uns etwas verkaufen und hat uns dabei verkauft.
Das waren Institute und abhängige Think-Tanks, die das erfanden, abhängig von Industrie, Versicherungen und Medien wie z.B. Bertelsmann. Das war Kalkül einer Rechnung, die nichts mit uns zu tun hat. Die haben mit nicht einem Menschen gesprochen und niemanden gefragt, der sich damit auskennt. Wer sich auskennt, der ist nicht laut (genug). Was verdient noch einmal ein Sozialarbeiter? Wer redet schon mit dem? Und Professoren sind sowieso „seltsam“. Die Fachbegriffe, etwa „Lebensweltorientierung“ sind viel zu kompliziert für Otto Normalpolitiker. Und da soll der Herr, die Dame auf dem „Amt“ das verstehen? Hab Mitleid. Sie wissen nicht im geringsten, wie es Dir und den Anderen geht. Sie kennen nur Mechaniken und Alternativlosigkeit. Und wenn sie es doch mal sehen, es macht so viel Angst, dass sie es nicht aushalten und verdrängen.
Sie wissen nichts auf dem Bürosessel im „Amt“. Denn da haben sie „anderes zu tun“, kämpfen bestenfalls mit defekten Rechnersystemen der zukünftigen Industrie 4.0. Man muss modern sein. Man muss seinen Job behalten. Leistungsprinzip. Man darf nicht scheitern. Du bist ein Fall und kein Mensch.
Empathie, Du kennst Dich damit aus, ist nicht das, was man Dir erzählen will. Das Lächeln, das Du kaum erkennst, ist nicht das, was Du darunter verstehst. Du bist eine viel zu ehrliche Haut. Deren Lächeln ist die Maske der Ohnmacht und bestenfalls der Versuch einen Schein zu wahren, dem Guten doch noch zu seinem Recht zu verhelfen. Dabei ist das alles lange verschwunden. Echte Empathie würde weinen.
Doch bedenke, es sind nicht alle so. Eine winzige dumme Minderheit richtet den mehrheitlichen und fatalen Schaden für die gesamte Gesellschaft an. Die Situation verschärft sich immer weiter, weit über das Erträgliche hinaus. Das gilt für sie selbst, die da über Dich „Entscheiden“ und nur Regeln befolgen – das hat übrigens Tradition in Deutschland. Das gilt für ihre Kollegen, die Gesellschaft und für Dich und mich. Auf der Strecke bleiben die, die man auf den letzten Platz der Nahrungskette verbannt hat. Anders kann das nicht „funktionieren“. Man denkt, man müsse Mehrwert generieren. Alles woran die „glauben“ würde sonst zusammen brechen und die Wirtschaft in ihrem „ewigem“ Wachstum sowieso. Du und die Menschen in Deiner Situation und noch viel Schwächere tragen diese Gesellschaft auf ihrem Rücken. Und der Rücken schmerzt so sehr.
Wenden wir ihre dummen Methoden der Pauschalisierung und der Leugnung von Differenzierungsmöglichkeiten an, so hat die Dummheit, die Alternativlosigkeit der Regierung und der Mächtigen gewonnen. Alternativlosigkeit ist das Geständnis, ein Problem nicht verstanden zu haben. Oder es ist der Versuch, Deine Argumente zum Schweigen zu bringen. Kompromisse statt „Strategie, Lösungsorierntierheit, Phantasie, Einsicht und Konsequenzen“ manifestieren das Schlechteste aller Welten. Das nennt man Politik – meistens. Viel zu oft jedenfalls.
Bitte Frosch, bleib wie Du bist. So wunderbar, wie Menschen eben wunderbar sind. Wir geben niemals auf. Unsere Schwächen, unsere Menschlichkeit sind unsere Stärken. Melde Dich und wenn es nur darum geht, die Welt einen kleinen Augenblick hinter dich zu lassen. Keine Rechtfertigung, keine Begründung und kein Zwang und bitte, falls mir mal etwas gelingen sollte, niemals Dank! Meine Tür ist offen. Für Dich sowieso. Es ist einfach so.
Der Küstennebel ist auch noch da. Schelte ihn nicht zu sehr. Er ist ein wenig „anders“. Das ist beachtenswert, dankenswert und er hat vermutlich einen hohen Preis dafür gezahlt. Den Preis dafür, knallhart, pragmatisch, erfahren und klug und auf seine eigene Art so menschlich zu sein.
(Nu is aber gut mit dem „Lob“. Doch das denke ich ernsthaft und wollte das mal sagen. Ich hoffe, wir streiten weiter, wenn wir streiten müssen – respektvoll)
Und dann sind da noch Deine Freunde – die, die Du kennst und die, die Du noch nicht kennst… Wenn Du verzagst, wie sollen wir das denn dann noch schaffen können? Wir werden es schaffen. Denn wir tragen diese Welt.
30. November 2015 at 21:27
Ach ich hätte viel zu sagen, aber ich glaub das hat keinen Zweck.
ich wünsche Ihnen viel Erfolg das das bald geklärt ist mit dem Amt und sie sich bei Sozialhilfe einfach erholen können und das alles seinen Gang geht.
Macht doch keinen Sinn. Sie finden sich in der Gesellschaft nicht wirklich zurecht.
Versuchen Sie ´trotzdem mal zur Abwechslung Fehler bei sich selbst zu suchen als nur bei Anderen. Manchmal hilft dies Probleme anders zu sehen / verstehen und damit neue Perspektiven zu erschließen.
Alles Gute Ihnen
4. Dezember 2015 at 18:43
Die ARGE wird sicher von dir als Mitwirkung verlangen, dass Du einen EU-Rentenantrag beim Rentenversicherungsträger stellst. Ohne, dass Du das tust können die sich wieder querstellen und sagen, dass Du deine Mitwirkungspflichten vernachlässigst.
Und ich denke, dass das der Weg sein muss. Erst EU-Rentenversicherungsantrag stellen, dann zur ARGE gehen und dort den Nachweis einreichen, dass Du den Antrag gestellt hast so dass die dann zahlen müssen bis der durch ist. Und wenn der durch ist gehst Du zum Grundsicherungsamt und stellst einen Antrag auf ergänzende Grundsicherung. Wobei es sicher noch eine spannende Sache mit deiner überteuren Wohnung wird.
4. Dezember 2015 at 18:50
@Michael: Falsch, ich muß eben keinen Rentenantrag stellen, wenn ich das nicht will. In diesem Fall muß das ARGE das tun, wenn es meint, ich sei nicht arbeitsfähig. Angeblich haben sie das auch getan. Und angeblich soll ich dann von der Rentenversicherung eine Einladung zu einer Untersuchung bekommen haben. Von der RV bekam ich aber eben nur die Antragsformulare und später noch eine Erinnerung dazu, aber nicht die behauptete Einladung – der ich dann sogar gefolgt wäre, auch wenn ich Gutachtern aus Erfahrung generell massiv mißtraue.
Die Wohnung ist übrigens für Düsseldorfer Verhältnisse gar nicht so teuer. Nur ist der Sozialmietsatz so niedrig angesetzt, daß Du dafür hier nicht mal eine Hundehütte bekommst.