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Entmenschlichung

1. Februar 2016 um 19:13 Uhr von Atari-Frosch

FrauMaja @FrauMaja
Rücknahme. Als wären Menschen nen Fehlkauf aus dem Winterschlussverkauf. Meine Fresse. 🙁 https://twitter.com/zeitonline_pol/status/694186122826641410

5:04pm · 1 Feb 2016

Atari-Frosch @AtariFrosch
@FrauMaja Entmenschlichung hilft dabei, die Probleme zu überdecken. Dann muß man sie nicht mehr lösen.

5:09pm · 1 Feb 2016

Und das gilt keineswegs nur für Menschen auf der Flucht. Auch im Bereich Hartz IV spricht kaum jemand von Menschen, stattdessen geht es um Antragsteller, „Fälle“, „Arbeitslosigkeit“, „Bedarfsgemeinschaften“, „Haushalte“, Akten und Papier – um Probleme. Aber nicht die Probleme von Menschen, sondern von Menschen als Problem.

Diese Entmenschlichung hilft dabei, in diesem Zusammenhängen überhaupt nicht mehr an Grund- und Menschenrechte denken zu müssen. Stattdessen geht es um Verwaltungsakte, um schöne Statistiken und darum, Geld zu sparen.

carridwen @carridwen
Jobcenter-Mitarbeiterin: "Man lernt das mit der Zeit, Anträge abzulehnen. Sind ja nur Zettel, da sitzen keine Menschen vor Ihnen."

15:13 - 7. Jan. 2016

Die Entmenschlichung folgt konsequent der Ausgrenzung, dem „die da“, das ich schonmal hier erwähnte. Dazu paßt auch die Konsequenzlosigkeit eines solchen systematisch menschenverachtenden Verhaltens. Selbst wenn explizit Strafrecht gebrochen wird, schauen Staatsanwaltschaften einfach weg, wie ich das ja selbst schon zweimal erleben mußte.

carridwen @carridwen
Dass sie Sachbearbeiterin keine Konsequenzen zu fürchten hat erklärt, warum sie mit am Telefon sagte "Sie können sich gerne beschweren."

15:40 - 7. Jan. 2016

Klar, denn die Sachbearbeiterin macht ja genau das, was ihr Dienstherr von ihr verlangt. Da es keine negativen Konsequenzen für diese Menschenverachtung gibt, übernimmt natürlich auch niemand die Verantwortung dafür, wenn daran Menschen zerbrechen. Niemand ist zuständig, keiner vom Amt ist schuld, wir haben doch alles richtig gemacht, der Fehler muß beim zynisch „Kunde“ genannten Delinquenten liegen. Bei dem „Fall“, der kein Mensch mehr ist und auch nicht sein darf.

Aber nicht nur die „kleinen Angestellten“ verhalten sich so, das schlägt ja von ganz oben durch. Auch auf der Ebene der asozialen Bundesregierung wird in diesen Zusammenhängen nicht mehr von Menschen gesprochen. Diese Entmenschlichung fließt in die Gesetze, Anordnungen und hausinternen Anweisungen ein und fördert und fordert genau so ein Verhalten.

Daher sind die Ämter auch immer völlig geschockt, wenn dann doch plötzlich mal ein „Fall“ ins Büro kommt und Möbel rücken spielt oder auch Sachbearbeiter angreift. Dann können sie gar nicht verstehen, wieso die „Fälle“ so böse sind. Ihre eigene systematische Boshaftigkeit bemerken sie nicht. Dazu müßten sie mal anfangen, selbständig zu denken, über den eigenen Tellerrand zu schauen und aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen: Der beste Schutz vor solchen Abwehrhandlungen besteht darin, die Menschen nicht anzugreifen und ihre Existenz zu gefährden oder zu vernichten. Aber ich vermute ja schon länger, daß Menschen, die selbständig denken können, bei Repressionsämtern gar nicht erst eingestellt werden. Und wenn dann doch mal versehentlich jemand reinrutscht, der das mit dem Denken beherrscht, dann wird dieser Fehler schnell korrigiert, siehe Inge Hannemann.

Der neueste heiße Scheiß ist ja, daß Bundesarbeits- und -sozialministerin Andrea Nahles (SPD!) fordert, man müsse Flüchtlingen, die „integrationsunwillig“ seien, die Leistungen kürzen. Wer auch immer „Integrationswillen“ dann definiert und wie. Ich tippe ja auf „muß jede noch so beschissene und noch so miserabel bezahlte Arbeit annehmen“, weil ein Mensch ja erst etwas wert ist, wenn er ausgebeutet werden kann. Also das gleiche Spiel wie bei Hartz IV jetzt schon: Wenn Du nicht gehorchst, sollst Du verrecken, und das bitte still und unauffällig, damit wir genau so weitermachen können.

Atari-Frosch @AtariFrosch
DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR.
Es sei denn, er beansprucht Sozialleistungen. #hartz4

17:00 - 21. Jan. 2016

Wenn wir wollen, daß die Welt ein bißchen besser wird, dann müssen wir wieder (?) anfangen, Menschen als Menschen zu sehen, nicht als Akte, nicht als Fall, nicht als Bedarfsgemeinschaft, nicht als Antragsteller. Und auch nicht als Flüchtling, Ausländer, Behinderte, Homosexuelle, Transmenschen, Autisten und was weiß ich was noch alles. Menschen. Erst einmal nur Menschen. Genau das ist das mit der Menschenwürde in Art. 1 Grundgesetz.

Der nächste Schritt ist, in diesen Menschen das Positive zu sehen und nicht als erstes die (vermeintlichen) Defizite. Die kommen dann als nächstes, sind schlicht zu akzeptieren und wenn es nötig und von diesen Menschen gewünscht ist, müssen wir – wir als Gesellschaft – sie ausgleichen, soweit das irgendwie technisch möglich ist. Technisch wohlgemerkt; Geld darf da nicht das erste Argument sein. Das geht von der Rampe für den Rollstuhlfahrer über die Anerkennung der geschlechtlichen und sexuellen Ausrichtung, Schulbegleitung für Kinder mit entsprechendem Bedarf bis hin zum Sprachunterricht für Menschen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen (Aufzählung mit Sicherheit unvollständig). Damit diese Menschen ihre Stärken und Talente auch zum Wohle der Gesellschaft ausspielen können.

Ist das so schwer?


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