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Überforderung #wasihrnichtseht

16. September 2016 um 12:55 Uhr von Atari-Frosch

Es ist wieder passiert. Ermutigt dadurch, daß ich nach meiner Teilnahme am Bundesparteitag 16.2 in Wolfenbüttel keinerlei Nachwirkungen hatte, mir nicht einmal der aktuelle Flow (eBay-Verkäufe) abhanden gekommen war, war ich letztes Wochenende nach Berlin gefahren, um beim Wahlkampf der dortigen Piraten auszuhelfen. Und dann war das doch zu viel gewesen. Viel zu viel.

Dabei hätte ich es vorhersehen können:

  1. Die Entscheidung war viel zu kurzfristig gewesen. Auf eine Reise muß ich mich einstellen können. Dienstag entscheiden und Donnerstag fahren ist einfach keine gute Idee.
  2. Es war zu wenig organisiert. Ich hatte trotz Nachfragen von den Berliner Piraten leider nur viel zu wenige Informationen darüber bekommen, wann ich wo und womit aushelfen kann und wie da was vorgesehen ist. Es mag ja sein, daß es dort Personalmangel gab, aber man kann nicht voraussetzen, daß Leute, die von außerhalb kommen, wissen, was wann wo abgeht und wer wofür zuständig ist – und wo man im Netz Informationen dazu findet, sofern es denn überhaupt welche gibt.
  3. Die Hitze mit Tagestemperaturen von regelmäßig über 30° C darf man auch nicht unterschätzen.

Was ich nicht hatte vorhersehen können, war der Schienenersatzverkehr zwischen Ostbahnhof und Lichtenberg wegen einer Baustelle. Ausgerechnet an diesem Wochenende. Mein Übernachtungsplatz war in Hohenschönhausen, und ich mußte täglich über diese Strecke. Volle stickige Busse ohne (funktionierende bzw. wirksame) Klimaanlage bei großer Hitze sind, sagen wir, ein recht zuverlässiger Auslöser für Overloads.

Auch nicht vorhersehen konnte ich, daß ich am Samstag eine Blase am rechten Fuß bekommen würde. So groß wie ein 2-Euro-Stück und mitten auf dem Fußballen. Der Grund dafür ist wohl, daß die Sohlen meiner Sandalen jetzt langsam auseinanderfallen. Die haben ungewöhnlich lange gehalten, schätzungsweise sieben oder acht Jahre, was für den Preis von ca. 35 € schon ungewöhnlich gut ist. Aber nun sind sie wohl fällig.

Zudem hatten mich Bürokratie-Geschichten bereits im Flow gestört gehabt. Aber vor der Fahrt konnte ich wieder hineinfinden. Jetzt scheint das erstmal vorbei zu sein.

Ich hatte in drei Aufenthaltstagen vier Overloads gehabt, und mindestens einer davon war schon recht hart am Shutdown (= Handlungsunfähigkeit, Sprachverlust) gewesen, und das ohne echte Rückzugsmöglichkeiten. Sowas bleibt nicht ohne Nachwirkungen.

Meine Konzentration ist jetzt erstmal ziemlich im Eimer.

Dabei war es jetzt so für etwa zwei Monate ungewöhnlich gut gelaufen. Zwar immer mit dem Gefühl im Hintergrund, daß sich das ganz schnell wieder ändern kann und ich das keinesfalls als stabil und zuverlässig ansehen darf, aber es lief erstmal. In your face, ARGE, das mich unbedingt zwangsverrenten will.

Obwohl meine Sehprobleme natürlich teilweise mit meinen Brillen zu tun haben, die beide schon seit wenigstens zwei Jahren ein nicht so billiges Update benötigen (Krankenkassen bezahlen ja heutzutage lieber Zuckerkügelchen als echte Hilfsmittel), tun mir heute außerdem auch noch die Augen weh. Ich habe das jetzt schon mehrfach festgestellt, daß sich bei starken Stimmungsänderungen meine Sehfähigkeit verändert – und wenn es mir wieder besser geht, sehe ich auch wieder besser. Die Brillen können sich dem natürlich (leider!) nicht anpassen, und insbesondere das Lesen am Bildschirm wird anstrengender. Irgendwas in meinen Augen reagiert da wohl.

All das sind Dinge, die von außen nicht wahrgenommen werden. Also zum Beispiel, daß eine wenige Tage andauernde starke Überforderung eben nicht nur diese wenigen Tage andauert, sondern auch darüber hinaus wirkt. Manchmal wenige Tage, manchmal über Wochen.

Neurotypische Menschen mögen zwar durchaus Überlastung und Überforderung kennen, aber üblicherweise nicht aus so „gewöhnlichen“ Anlässen und auch meist nicht mit dieser Wucht. Das ist echt eine andere Kategorie und gehört zu dem, #wasihrnichtseht am Autismus.

Immerhin ist es jetzt nicht mehr so extrem heiß. Ich mag ja eigentlich Wärme, aber wenn man sich praktisch nicht mehr auch nur minimal bewegen kann, ohne direkt zu zerfließen, ist es auch mir zu viel. Und auch stickige Luft ist da jetzt nicht sonderlich hilfreich.

Trotzdem wird es wohl noch wenigstens ein paar Tage dauern, bis ich meinen Flow wiederfinde. Ich hoffe, daß mir dieses Wochenende dafür reicht.

Ende Dezember will ich wieder zum CCC-Congress und weiß jetzt schon, daß ich wegen dieser einen Woche in Hamburg besser den kompletten Januar abschreibe …


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2 Kommentare zu “Überforderung #wasihrnichtseht”

  1. alm10965 quakte:

    Danke Atari-Frosch, interessanter Einblick, ich habe gewisse Parallelen zu meinem Leben entdeckt.
    Ich kann meine Befindlichkeit nicht so exakt definieren.
    Weiß nur daß ich Phasen des Abwarten, nicht-wissen-was-ich-tun-soll
    und das Gegenteil
    ich will alles sofort auf einmal tun, »das geht alles zu langsam!«

    Ich hab keine Patentlösung, Gelassenheit üben, andererseits es muß doch immer irgendwie weiter gehen, ich vermute, daß meinst Du mit »FLow«


  2. Atari-Frosch quakte:

    Hi Alwin,

    und das Gegenteil
    ich will alles sofort auf einmal tun, »das geht alles zu langsam!«

    Das kenne ich auch und resultiert – zumindest bei mir – wohl daraus, daß ich schon zu viel von dem, was mir wichtig war/ist, nicht machen konnte, weil Existenzerhalt oder andere Zeitinvestitionen sowie der ständige Geldmangel dazwischen standen. Und die Depressionen, natürlich.

    Nein, mit dem Flow meine ich den Hyperfokus. Das ist keine Gelassenheit, geübt oder nicht, sondern „das für den Moment richtige tun“, und das mit sehr viel Konzentration. Da hinein komme ich nur, wenn sozusagen bereits eine gewisse Gelassenheit vorhanden ist, oder anders, wenn die Umgebungsparameter stimmen.


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