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Ressourcen

4. November 2016 um 15:35 Uhr von Atari-Frosch

Der SackOhneSenf schrieb als Kommentar unter der vorletzten wöchentlichen Linksammlung:

Gerade weil die Idee nicht neu ist, habe ich mich stark gewundert. Das Zeit Argument kann ich auch nur sehr bedingt verstehen.

(Kurz: Es ging darum, warum ich eine schon länger existierende Idee für eine Software nicht umsetzen kann, obwohl ich durchaus über die dafür notwendigen Kenntnisse verfüge.)

Ja, das mit den Ressourcen. Der Zeit. Den Löffeln. Vielleicht sollte ich dazu doch mal ein paar Zeilen schreiben, warum ich immer mal wieder so ausgebrannt bin.

Mir ist die Löffeltheorie („Spoon Theory“) als Erklärungsmodell ja generell etwas zu grob. Oder auch: generell etwas zu generell. 😉 Trotzdem bietet sie einen guten Ansatzpunkt.

Zusammengefaßt geht sie davon aus, daß Menschen mit Krankheiten oder Behinderungen auch häufig eingeschränkte Ressourcen haben. Das gilt längst nicht nur für Menschen mit Lupus, wie die Autorin der Theorie. Diese eingeschränkten Ressourcen müssen also anders verteilt werden als bei nicht behinderten bzw. gesunden Menschen, damit man damit einigermaßen klarkommt, und manchmal – oder auch mal öfter – müssen Aktivitäten einfach wegfallen, auch wenn sie noch so sinnvoll und/oder notwendig erscheinen.

Das Problem dabei ist, daß wir nicht unbedingt selbst über die Einteilung unserer Ressourcen bestimmen können. Bei denjenigen, die eine bezahlte Arbeit haben, bestimmt einen wesentlichen Teil davon der Arbeitgeber. Bei denen, die keine haben, bestimmt einen wesentlichen Teil das ARGE. Bei denen, die Kinder haben, spielen deren Bedürfnisse eine wesentliche Rolle. Und so weiter. Und damit fangen die Probleme an – Probleme, die am Ende unausweichlich in eine Überforderung führen, die wiederum weitere Ressourcen frißt, bis zum Zusammenbruch. Unter Umständen immer und immer wieder.

Soviel zum allgemeinen Teil. Bei mir persönlich sieht das so aus: Meine Ressourcen für die Erledigung von Aufgaben schwanken stark und werden von mehreren Faktoren weiter eingeschränkt. Die Schwankungen beginnen bereits auf der Ebene der alltäglichen Aufgaben, die für die meisten Menschen nichts besonderes sind. Wenn es schon auf dieser Ebene hakt, ist natürlich für zusätzliche Aufgaben kaum noch Kapazität vorhanden.

Die einschränkenden bzw. Ressourcen raubenden Faktoren sind unter anderem:

  • der menschenverachtende Umgang der Düsseldorfer Repressionsämter und deren regelmäßige Versuche, mich um jeden Preis aus ihren Statistiken zu kicken, sprich, meine Existenz zu vernichten, und das seit 16 Jahren,
  • die damit verbundene ständige Unsicherheit und nicht planbare Zukunft,
  • die generelle Ansage von Repressionsämtern, daß ich gefälligst auf Grundrechte verzichten und Gesetze brechen soll, wenn ich weiterexistieren will (existieren, nicht leben im Sinne von teilhaben),
  • die damit zusammenhängende, aufgezwungene Armut bis hin zum gelegentlichen vollständigen Entzug der Existenzgrundlage,
  • dazu meine Reizfilterschwäche,
  • eine generell laute Umgebung, die ich auch nicht ohne weiteres verlassen kann,
  • und meine starke Empathie. Also die, die ich als Autist ja angeblich gar nicht haben kann.

Auch Ereignisse, mit denen ich gar nicht so direkt zu tun habe, haben durch Letzteres ihren Anteil. Zum Beispiel die Türkei, die gerade zu einer Diktatur umgebaut wird und auch schon Kriegsgeschrei anstimmt, als ob Erdoğan unbedingt zum türkischen Hitler werden möchte. Da stinkt es schon nach Bürgerkrieg und Krieg generell, wenn der Typ von früheren Grenzen der Türkei redet. Das kann uns hier letztlich auch treffen, direkt oder indirekt.

Oder die Menschen, die auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken, weil wir ihnen keine sichere Passage ermöglichen, und die, die in Aleppo und anderswo zerbombt werden. Solche Ereignisse lassen mich nicht kalt und nehmen mir Kapazitäten allein dadurch, daß ich mich davon abgrenzen muß – mit dem Wissen, daß man es eigentlich nicht sollte. Aber wenn ich es zulasse, daß ich mir darüber tiefere Gedanken mache, würde mir das noch mehr Ressourcen nehmen.

Was ich nicht als direkten Faktor erwähne, obwohl sie natürlich zusätzliche, eigene Wirkung entfalten, sind die Depressionen. Denn die sind zwar wohl (zumindest zeitweise) eine zusätzliche Einschränkung, aber vor allem als Symptom zu werten, das zurückgehen bzw. sogar ganz aufhören würde, wenn meine bzw. die Gesamtsituation eine menschenfreundlichere wäre. So, wie die Schmerzen nachlassen und irgendwann ganz weggehen, wenn eine Wunde heilt.

Es gibt Zeiten, da komme ich einigermaßen klar (aber auch nur einigermaßen; fragt mal besser nicht nach meinem Haushalt). Da kann ich Ressourcen auch mal für Projekte freisetzen, für Ideen, für Kreatives. Und dann wieder genügt es, aus dem Bett aufstehen zu müssen, und die Ressourcen für den Tag sind weg.

Ich habe es wohl allein meinen starken Routinen zu verdanken, daß ich an solchen Tagen manchmal nicht einfach liegenbleibe. Den gleichen Routinen, die solche Tätigkeiten wie Duschen, Anziehen, Frühstücken, PC einschalten möglich machen, und die mir wiederum routinemäßige Tätigkeiten am PC erlauben. Aber auch die nagen dann wieder an den Rest-Ressourcen, und da passiert es schonmal, daß ich mich nach wenigen Stunden nochmal hinlegen muß.

Nach außen sage ich dann häufig nur: Ich habe keine Zeit oder Kapazität für $Aufgabe. Nur ist die genauere Erklärung dann meist schon wieder zu anstrengend (vor allem verbal) bzw. führt zu Diskussionen, in denen mit Abwertungen meiner Person meist nicht gespart wird. Und den wenigen Menschen, die meinen Hintergrund besser kennen, brauche ich nichts zu erklären, denn sie können diese Ansage schon richtig einordnen.

Was die Sache richtig kompliziert macht, ist, daß Aufgaben, die ich aus Kapazitätsgründen nicht angehen kann, ja nicht einfach verschwinden. Aussitzen funktioniert da eher selten. Dafür kommen immer neue dazu. Habe ich mal mehr Ressourcen, dann versuche ich oft, alle diese Rückstände auf einmal aufzuholen, oder so viele wie möglich davon – was früher oder später wieder zu Überforderung führt.

Die Entscheidung, was mir wann wichtig zu sein hat, treffen dann oft andere, meistens Repressionsämter. Damit bleibt für die Nutzung der bestehenden, eingeschränkten Ressourcen für eigene Dinge, die mich wirklich weiterbringen, kaum noch Raum. Schaffe ich dann wirklich mal was, kommt entweder die Überforderung hinterher oder das ARGE. Oder Alt-Gläubiger aus 2002, als mich das faschistische Repressionsamt in die Überschuldung und fast in die Obdachlosigkeit getrieben hatte. Oder Notwendigkeiten wie neue Brillengläser, Ersatz defekter Gebrauchsgegenstände usw. bei quasi ständigem, vom asozialen Gesetzgeber gewollten Geldmangel. Oder alles zusammen.

Was mich weiterbringt, was wirklich sinnvoll wäre, bleibt meistens liegen, weil's nicht reicht.

Wie fühlt sich das nun an, wenn die Ressourcen fehlen?

Vor ein paar Tagen versuchte ich, eine Website mitsamt Blog auf einen anderen Server umzuziehen. Eigentlich eine normale Aufgabe für einen Sysadmin. Ein Detail dabei ist nur anders als bei bisherigen Umzügen dieser Art, wie ich sie schon mehrfach durchgeführt habe. Und der Umzug beinhaltet auch, die Konfigurationsdatei neu zu schreiben, weil der Zielserver Nginx als Webserver hat und der Herkunftsserver Apache; durch das eben erwähnte „kleine Detail“ kann ich auch nicht einfach die Konfiguration einer anderen, bereits dort befindlichen Website 1:1 kopieren. Aber selbst das wäre im Normalfall kein Problem gewesen, es hätte halt nur länger gedauert.

So saß ich vor dieser Konfigurationsdatei, während meine Konzentration völlig im Eimer war. Alle Versuche, das Problem einzukreisen und dafür eine Lösung zu finden, landeten buchstäblich an einer Mauer. Ich konnte die (relativ kurze) Konfigurationsdatei nicht im Zusammenhang erfassen. Es. Ging. Einfach. Nicht.

Schließlich aktivierte ich die Website mitsamt Blog wieder auf dem alten Server. Noch war ich ja nicht so weit gewesen, daß ein Zurück neue Probleme hätte aufwerfen können. Andererseits: Wenn ich einmal so weit bin, daß es kein Zurück mehr gibt, sind dann auftretende Probleme im allgemeinen relativ einfach zu lösen. Da kann dann nicht mehr viel passieren außer vielleicht, daß ich irgendwo Dateirechte falsch gesetzt hätte oder so.

Diese Situation zeigt dann auch sehr schön auf, warum Gutachten über die Arbeitsfähigkeit eines Menschen im allgemeinen für die Tonne sind. Da wird nämlich eben nicht sowas nachgesehen, sondern nur, ob die technischen Fähigkeiten vorhanden sind. Und erst recht interessiert man sich einen Dreck dafür, was nötig wäre, um die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Menschen zu ermöglichen bzw. zu eruieren, wovon diese Leistungsfähigkeit eingeschränkt wird. Denn sie wird ja nicht einmal gemessen.

Noch ein Punkt: Ja, ich hatte diese Probleme in früheren Jahren nicht oder nicht in diesem Maße. Das Alter spielt daher sicher auch noch eine Rolle. Auch wenn es sich für mich nicht so anfühlt: Ich gehe nunmal auf die 50 zu.

Das Zynischste daran ist ja, daß das ARGE mir die zum Großteil von ihnen selbst und dem faschistischen Repressionsamt verursachten Einschränkungen dann auch noch dazu mißbraucht, mich in die Rente drücken zu wollen, statt dabei zu helfen, meine Kapazitäten vollständig zu erschließen und sie sinnvoll zu nutzen. Das wäre zwar offiziell ihre Aufgabe, aber das mit dem Fördern bei „Fördern und Fordern“ war ja von vornherein nur Augenwischerei und sollte offensichtlich nie umgesetzt werden. Und Grundrechte sowie UN-Konventionen spielen bei Repressionsämtern sowieso keine Rolle. Was dann wiederum, kapazitätsmindernd, neue Depressionen verursacht, weil man sich nicht mehr als Mensch fühlen darf …


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3 Kommentare zu “Ressourcen”

  1. Anonymous quakte:

    Interessant, ich kann gewisse Parallelen zum mir entdecken. Wenn ich mich zum Beispiel wundere, warum ich diese Woches nur eine Bewerbung abgeschickt habe am Freitag Spätnachmittag. Warum der Coach Einige Termine früher bemerkte: „…das sind aber nur soundso wenig Bewerbungen ! Aber warum denn so wenig ?

    Und, komisch, ich habe diese Woche auch
    „Die Entscheidung, was mir wann
    wichtig zu sein hat“ im blog nachgedacht.


  2. SackOhneSenf quakte:

    Mal abgesehen davon, dass es um meine Gesundheit alles andere als gut bestellt ist und ich sehr gut weiß, wie es ist, wenn es einem jegliche Zeitplanung verhagelt, finde ich du hast meine Aussage nicht richtig zitiert, weshalb man sie dann sehr leicht falsch verstehen kann.

    Dem schon von dir zitierten Satz am Anfang des Kommentars:

    „Das Zeit Argument kann ich auch nur sehr bedingt verstehen.“

    folgt jedoch eine ganz bestimmte Konkretisierung am Ende des Kommentars, die zusammen zu betrachten sind:

    „Das sind natürlich nur Vorschläge, ob du sie aufgreifen willst ist deine Sache, aber das Zeit Argument sehe ich nicht als Hinderungsgrund für eine solche Lösung.“

    Mit „solche Lösung“ ist dann die vorgestellte Lösung gemeint, die darauf abzielt durch geschickte Wahl eine Lösung zu finden, die gerade sehr wenig Zeit/Ressourcen benötigt. Eine Festlegung was du für deine Link-Sammlung benötigst inklusive Dokumentation sollte wohl nicht mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen. Alle weiteren Schritte sind bei dem vorgeschlagenen Weg so angelegt, dass du sie dann angehen kannst, wenn dir danach ist.

    Da du die Zeit findest im Netz nach Links zu suchen und in deinen Blog zu schreiben, kann ich nicht verstehen, dass du das Zeitargument vor schiebst, wenn dir die Lösung nicht gefällt!

    Es ist und bleibt deine Entscheidung was du machst und ich verstehe sehr gut, wenn du sagt ich mag diese Lösung nicht, aber erwarte nicht dass ich dir das Zeitargument hierfür abnehme, Ich habe den Eindruck, dass du dich mit deinem Artikel zu dem Zeitargument eher unglaubwürdig machst …

    … aber das ist meine Meinung und entschuldige, wenn es Menschen gibt, die eine eigene Meinung haben, die nicht deinen Vorstellungen entspricht.


  3. Atari-Frosch quakte:

    @SackOhneSenf:

    Alle weiteren Schritte sind bei dem vorgeschlagenen Weg so angelegt, dass du sie dann angehen kannst, wenn dir danach ist.

    Das entspricht halt nur leider absolut nicht meiner Arbeitsweise. Wenn ich was anfange, der Fokus also darauf gesetzt ist, muß ich es durchziehen können. Sonst ist der Fokus weg – über Tage, Wochen, Monate, im Extremfall Jahre. Oder ich geh nie wieder dran. Ein „wenn Dir danach ist“ funktioniert bei mir nicht bzw. nur sehr, sehr selten.


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