Plötzlich gehbehindert
25. Februar 2019 um 23:40 Uhr von Atari-Frosch
So schnell kann's gehen. Heute Nachmittag wollte ich einen Spaziergang machen und ein bißchen fotografieren. Außerdem hoffte ich, daß sich meine verspannten Muskeln ein bißchen lockern, wenn ich mich bewege. Aber ich kam nicht weit. Ich war nach einem Rundgang um den Fürstenplatz durch die Hüttenstraße gelaufen und gerade dabei, die Ampeln zum Ernst-Reuter-Platz zu überqueren, da tat mir plötzlich ganz fürchterlich etwas „hinter“ dem und leicht oberhalb des linken Knies weh. Weitergehen war nicht drin.
Zum Glück ist das nicht weit von der Hausarztpraxis in der Hüttenstraße entfernt, zu der ich sonst gehe, wenn ich erkältet bin, oder auch, als ich vor ein paar Jahren die schlimme und immer wiederkehrende Gastritis gehabt hatte. Das waren vielleicht … 30 Meter? Oder 40? Du glaubst gar nicht, wie weit so eine Strecke sein kann, wenn ein Bein bei jedem Auftreten aufbrüllt und Dir damit deutlichst erklärt, daß Du das gefälligst bleiben lassen sollst. Eine Passantin hatte mich aufstöhnen gehört und bot mir ihren Arm zum Draufstützen an. Allerdings hatte ich den Eindruck, daß ich mich da besser nicht richtig draufstütze, weil sie mein Gewicht gar nicht halten konnte.
Wie ich die paar Stufen zur Praxis hochkam – die ist zwar im „Erdgeschoß“, aber das ist nicht ebenerdig –, weiß ich nicht mehr. Nur, daß es höllisch weh tat.
Ich kam relativ schnell dran. Die Ärztin tastete das Knie und den Bereich darum herum ab und befürchtete dann, es könnte was mit dem Meniskus sein. Ein Ultraschallgerät war zwar vorhanden, wurde aber nicht benutzt. Statt dessen überwies sie mich ins Krankenhaus; die könnten das alles besser feststellen. Aber da mußte ich ja auch erstmal hinkommen. Schnell war klar: Ein Rettungswagen bzw. Krankentransport würde frühestens zwei Stunden später kommen können. Dann wurde von der Rezeption aus erstmal ausführlich mit einem Taxiunternehmen und meiner Krankenkasse telefoniert, um herauszufinden, ob ich die Taxikosten vorlegen muß oder nicht und wenn, ob ich sie später zurückbekommen kann. Wenn ich gewußt hätte, daß es um weniger als 10,00 € geht, hätte ich gleich gesagt, holt mir einfach 'n Taxi und gut is' …
Interessant übrigens: Die Taxikosten hätte ich nur dann von der Krankenkasse ersetzt bekommen, wenn ich stationär aufgenommen worden wäre. Ob ich stationär oder ambulant behandelt werden würde, war aber noch gar nicht klar. Laufen konnte ich zu dem Zeitpunkt aber so oder so nicht. Muß ich wohl nicht verstehen.
Der Taxifahrer half mir aus der Praxis raus und am Krankenhaus dann auch wieder bis zur dortigen Rezeption. Von dort aus wurde ich relativ zügig mit einem Krankenhaus-Rollstuhl abgeholt. Nach etwas Wartezeit kam die erste Untersuchung. Wieder Schuhe und Hose aus, wieder Abtasten. Das Aus- und Anziehen der Hose war durch die Einschränkung plötzlich ein Akt für sich geworden: Das linke Bein trug mich ja nicht mehr. Die erste Vermutung: Eine (so hatte ich das erst akustisch verstanden): „Muskelzerreißung“. Also Muskelriß kannte ich ja als Begriff, aber was eine Zerreißung sein soll, hab ich nicht verstanden.
Danach war viel Warten angesagt. Warten, bis im Ultraschall frei war, dort wieder Schuhe und Hose aus, Untersuchung, abwischen, Hose und Schuhe an. Danach im Krankenhaus-Rollstuhl zurück und noch länger warten, bis jemand Zeit hatte, um das Ergebnis auszuwerten und mit mir zu besprechen. Und wieder fiel der Begriff, den ich als „Muskelzerreißung“ verstanden hatte, und fragte gleich mal nach. Nee, nix zerrissen, hieß es, es sei eine Muskelzerrung. Eigentlich harmlos, nur extrem schmerzhaft. Ich sollte Schmerzmittel bekommen, außerdem einen Kompressen-Verband, ein Paar Krücken und Thrombose-Spritzen. Letztere seien sinnvoll, wenn man ungewohnterweise an Krücken gehen muß. Nuja, wenn die das sagen.
Auf die Krücken, den Verband und darauf, daß mir jemand zeigt, wie man sich die Spritzen setzen muß, mußte ich dann auch nochmal warten. Insgesamt war ich wohl etwa 2,5 Stunden im Krankenhaus, und die meiste Zeit über habe ich gewartet. Ich war durstig, und das Licht dort in den Fluren irritierte mich ein wenig; mir wurde zeitweise leicht schwummrig. Schließlich hatte ich das Spritzen gelernt und die Krücken sowie ein Rezept über weitere Fertig-Spritzen mit dem Medikament und zwei Schmerzmittel erhalten. Als ich das Krankenhaus verließ, war es etwa 19:00 Uhr.
An den Krücken zu laufen machte es erträglich, allerdings nur, wenn ich sauber aufsetzte und mir vor allem nicht versehentlich leicht das Knie verdrehte. Das passierte mir gerade auf Fahrbahnen mehrfach. Ich brauchte etwas Übung, um so zu „gehen“, daß das Knie bzw. der Muskel nicht übermäßig belastet wurde. Aber es war anstrengend, zumal ich ja jetzt über die Krücken mehr Gewicht mit den Armen mittragen mußte.
Ich hätte jetzt nochmal ein Taxi nehmen können, aber dann wäre es mit dem Geld nicht hingekommen. Ich hatte nur etwa 30,00 € einstecken gehabt, und der Taxifahrer hatte davon schon ein Drittel bekommen. Und ich mußte ja noch das Rezept einlösen. Also wackelte ich vom Krankenhaus zum Kirchplatz und dort erstmal zur Apotheke. Zum Glück bekam ich gleich alles, und zu den Spritzen gab man mir gleich noch sogenannte Alko-Pads dazu, zum Desinfizieren, bevor ich mich pieke. Außerdem bekam ich von der netten Apothekerin zur Stärkung noch einen Schokoriegel, und ein Fläschchen Duschgel reichte sie mir auch noch dazu. Letzteres kann ich allerdings in den nächsten Tagen gar nicht benutzen, denn ich fürchte, wenn ich so in meine Badewanne zum Duschen steige, ist die Sturzgefahr zu hoch. Es wird in den nächsten Tagen also eher Katzenwäsche geben, damit da nicht doch noch ein Krankenhausaufenthalt draus wird.
Die Rezeptgebühren beliefen sich dann auf 15,90 €. Danach wackelte ich auf die andere Straßenseite und wartete auf den Bus. Dort mußte ich dann einen einzelnen Kurzstrecken-Fahrschein beim Fahrer kaufen, weil ich gerade keine 4er-Kurzstrecke im Geldbeutel hatte. Dabei gelernt: Die kostet jetzt 1,70 €. Bei der Rheinbahn bzw. im VRR hat man offenbar nicht mehr alle Krümel am Keks.
Dann hatte ich noch etwas Bammel davor gehabt, wie ich so die fünf Stockwerke zu meiner Wohnung hochkommen sollte. Aber das Schwierigste war tatsächlich gewesen, die Haustür aufzuschließen und reinzukommen, bevor sie wieder zugeht. Für die Treppen brauchte ich etwa 20 Minuten, aber auf die zwei Krücken gestützt kam ich gut hoch. Ich mußte nur in jedem Stockwerk wieder auf den Lichtknopf drücken, damit das Hausganglicht anblieb, bis ich oben war.
In der Wohnung kann ich mich jetzt ganz gut mit nur einer Krücke fortbewegen; es geht alles, nur viel langsamer. Ob ich in den nächsten Tagen überhaupt runter kann, ist unklar, und ich bezweifle das eher. Es könnte halt sein, daß mir ein paar Lebensmittel ausgehen, die ich eigentlich morgen einkaufen wollte. Das wird wohl eher nix werden.
Der Menge der Medikamente nach rechnen die Krankenhaus-Ärzte offenbar mit einer recht schnellen Genesung. Das wäre wünschenswert. Und ich bin echt froh, daß es nur ein Muskel ist und nicht der Meniskus.
Um nochmal auf die Überschrift einzugehen: Wie man sieht, kann es ganz schnell passieren, daß man plötzlich gehbehindert ist. Ohne irgendwie dran schuld zu sein; mir wurde gesagt, daß es tatsächlich keiner falschen Bewegung oder Belastung bedarf, um sich so eine Muskelzerrung zuzuziehen. Deshalb ist Barrierefreiheit so wichtig, auch für diejenigen, die heute noch keine Behinderung haben. Morgen könnte das schon anders sein (auch wenn das in meinem Fall hoffentlich eine kurzfristige Einschränkung sein wird).
26. Februar 2019 at 0:10
Guter Bericht aus deiner Perspektive! Danke! Und gute Besserung!
2. März 2019 at 19:55
Naja, Gehbehindert ist man wenn das dauerhaft ist, aber das wird sich sicher wieder geben.
Aber ich wohn ja in der Nähe und bis sich das wieder aufgelöst hat kann ich auch für dich einkaufen wenn Du willst. Mach ich kostenlos.