Froschs Blog

Computer und was das Leben sonst noch so zu bieten hat

Zur Website | Impressum

DHL: „Könnten Sie mal bitte runterkommen?“

23. Juni 2020 um 18:12 Uhr von Atari-Frosch

Heute Mittag so: Paketbotin von DHL klingelte bei mir und sagte mir über die Gegensprechanlage, ich möge doch bitte runterkommen, um das Paket entgegenzunehmen. Ich sagte, das geht grade nicht. Sie so: „Und was soll ich jetzt machen?“ – Sie hat's dann in einer Filiale abgeworfen.

In den fünften Stock hochzukommen, hat sie nicht angeboten. Es gab eine Zeit, da war das noch völlig normal. Und nein, das ist nicht ausschließlich Corona geschuldet; bereits im letzten Jahr hießt es von unten immer wieder: „Könnten Sie mir bitte entgegenkommen? Paket für Sie.“ Oder auch „Paket für Nachbarn annehmen“. Dafür bin ich offenbar gut geeignet, weil ich tagsüber meistens zu Hause bin. Trotzdem ich im fünften Stock wohne.

Mit den Corona-Maßnahmen änderte sich der Satz zu „Könnten Sie mal bitte runterkommen?“ Manchmal auch weniger höflich, es wurde deutlich gemacht, daß man das von mir selbstverständlich erwartete. Bisher war das möglich. Heute halt mal nicht.

Ich meine, man kann nicht zu jeder Zeit erwarten, daß jemand mal eben aus dem fünften Stock nach unten rennt, weil da ein Paket angeliefert wird, oder? Egal ob man gerade aus dem Bett oder aus der Dusche rausgeklingelt wird, ob man was auf dem Herd stehen hat oder ob man – wie ich letztes Jahr im Frühjahr mit der Muskelzerrung – gerade mal überhaupt nicht in der Lage ist, „mal eben“ fünf Stockwerke runterzulaufen.

Ja, natürlich könnte ich mich bei DHL direkt beschweren, wie Daniel Schwerd vorschlug:

Außerdem meinte er:

Der Haken dabei: Dann kriegt es der einzelne Bote ab. Die Boten agieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten, und das heißt eben, sie können halt jetzt nicht mehr überall, wo das nötig wäre, in höhere Stockwerke laufen, um Pakete abzuliefern. Zu große Reviere, zu wenige Boten, miserable Bezahlung, keine Springer, dann vielleicht noch Sub-Sub-Sub-Unternehmer – es wundert mich auch nicht, daß die Boten ständig wechseln. Derzeit sehe ich kaum einen Boten zweimal, das nächste Paket bringt mir dann schon wieder jemand anderes.

Am System wird sich aber nichts ändern, wenn die Botin dann auch noch individuell die Folgen abkriegt. DHL will das offenbar grundsätzlich so, daß die Kunden immer mehr dazu beitragen müssen, um ihre Pakete zu bekommen. Das Spielchen, daß direkt und ohne zu Klingeln die Abholkarte in den Briefkasten eingeworfen (oder auch mal unter der Haustür durchgeschoben) wird und die Pakete dann massenweise beim nächsten DHL-Shop abgeworfen werden, kennen wir ja schon zur Genüge. Der hiesige nächste DHL-Shop ist davon übrigens auch nicht begeistert, weil dieses Spielchen teilweise dessen Lagerkapazitäten sprengt. – Die Empfänger werden den Paketen dann schon selber nachlaufen, sie brauchen das Zeug ja, nicht wahr?

(Und hier in der Stadt ist der nächste DHL-Shop tatsächlich problemlos zu Fuß erreichbar. Von Menschen, die auf dem Land wohnen, wird erwartet, daß sie dann halt mal eben 20 oder 30 km weit fahren, um ihre Lieferung zu bekommen.)

Theoretisch könnte ich übrigens schon seit mehr als ein paar Tagen einen Zugang zu einer Packstation haben – wenn das Anmelden nicht so fürchterlich umständlich wäre. Ich habe offenbar immer noch nicht an allen notwendigen Stellen geklickt und Zeug bestätigt. Also mußte ich das Paket halt wieder an meine Adresse schicken lassen.

Ja, auch die Packstationen sind ein Teil des Konzepts, daß Paketempfänger sich gefälligst selbst drum kümmern sollen, wie sie an ihre Lieferungen herankommen. Und auch, wenn die Werbung mit der Behauptung, die Stationen stünden „rund um die Uhr“ zur Verfügung, lügt – die nächste hier hat Montag bis Samstag von 7:00 bis 22:00 Uhr geöffnet –, ist es in Anbetracht dieses kunden- und arbeitnehmerfeindlichen Konzeptes vermutlich das beste, was ich derzeit machen kann. Also, wenn ich dann mal überall richtig geklickt und alles richtig bestätigt habe …

Oh, eins noch: Amazon Prime (für Nachbarn, nicht für mich) läßt mich nicht runtertraben, sondern kommt brav hoch – und da komme ich auch gern entgegen, wenn ich gerade kann. Andere Paketdienste hab ich in den letzten Wochen nicht gesehen.


History

Ein Kommentar zu “DHL: „Könnten Sie mal bitte runterkommen?“”

  1. SackOhneSenf quakte:

    https://www.heise.de/news/Bundesnetzagentur-Beschwerden-ueber-Post-und-Paketzustellung-angestiegen-4837188.html


Kommentieren

Bitte beachte die Kommentarregeln!

XHTML: Du kannst diese Tags verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>